Zwei junge Frauen klären einen Kriminalfall im Jahr des Mauerbaus – hinreichend spannend, aber nicht gänzlich überzeugend
Die 22jährige Carla führt nach dem Tod ihres Vater dessen Detektei in Berlin weiter. Vor allem beschäftigen sie Fälle von untreuen oder von verlorenen gegangenen Männern. Im Jahr 1961 ist das für eine junge Frau noch eine sehr ungewöhnliche Betätigung, die Carla trotz ihres schüchternen und etwas verklemmten Wesens einigermaßen erfolgreich bewältigt.
Dazu wird sie von ihrer an den Rollstuhl gefesselten Mutter stets und ständig drangsaliert, die Ursache dafür liegt nicht nur in der Ursache für ihre Behinderung. Dieses Geheimnis wird im Laufe des Romans noch eine Rolle spielen.
Am Tag des Mauerbaus steht nun plötzlich eine gleichaltrige Frau vor Carla und behauptet, ihre Halbschwester zu sein. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und trotz anhaltendem gegenseitigem Misstrauen wird Wally recht schnell eine große Hilfe für Carla bei ihren Ermittlungen.
Wally ist das ganze Gegenteil, sie ist munter, frech, furchtlos, steht nun aber ohne Wohnung da, denn die lag bislang im Ostteil Berlins. Carla und Wally arbeiten insbesondere am Fall einer Klientin, die ihrem Mann getötet haben soll, was beide nicht zu glauben bereit sind.
Zwischen den Perspektiven der beiden jungen Frauen wechselnd erzählt die Autorin von dem sich langsam entwickelnden Vertrauen zwischen den beiden Halbschwestern, vom Leben im plötzlich zweigeteilten Berlin und von den Auswirkungen des Krieges, die immer noch und überall greifbar sind.
Die Geschichte entwickelt eine hinreichende Spannung, man möchte wissen, was denn nun geschehen ist und wie der Mord, sofern es einer war, geschehen ist. Die Menschen, die in den Fall verwickelt sind ebenso wie die Menschen, denen die beiden jungen Frauen begegnen, sind mit ausreichender Tiefe beschrieben, auch wenn nicht immer jedes Klischee vermieden wird.
Der Schreibstil jedoch ist wenig herausfordernd. Die ständig breitgetretenen Gedankengänge der beiden Detektivinnen, die unzähligen rhetorischen Fragen, die sie sich selbst stellen, all das lässt keinen Raum für die Fantasie der Leserin, keinen Raum, die eigenen Schlüsse zu ziehen. Stilistisch ist der Roman eher simpel, dennoch hat es Freude gemacht, ihn zu lesen. Vermutlich ist mit Fortsetzungen zu rechnen.
Charlotte Printz – Die rätselhafte Klientin
dtv, Juni 2023
Taschenbuch, 431 Seiten, 11,95 €