Kimberly McCreight – Die perfekte Mutter

⭐⭐

Überkonstruierter Krimi um überambitionierte Mütter

Das Etikett Thriller passt so gar nicht auf diesen Roman, dazu fehlt es an Spannung, an Suspense und an Tempo. Stattdessen bietet die Geschichte zu viel Selbstmitleid, zu viel Tränendrüse, zu viel Drama.

Molly, die bisher in einer Mütterberatungsstelle gearbeitet hat und jetzt bei der Zeitung ihres neuen Wohnortes tätig ist, bekommt unverhofft den Auftrag, über eine aufgefundene Leiche zu berichten. Sie ist weder als Journalistin ausgebildet noch gehörten solche Aufgaben bisher zu ihrem Bereich. Molly ist verheiratet mit Justin und Mutter der fünfjährigen Ella. Und sie ist traumatisiert durch eine Totgeburt, die aber bereits ein paar Jahre zurückliegt, sie jedoch in tiefe und langanhaltende Depressionen stürzte, aus denen sie noch immer nicht ganz herausfand.

Umso schlimmer für sie, dass die gefundene Leiche ein Baby ist. Durch ihre Recherchen findet sie heraus, dass es zwar in der Kleinstadt bislang noch keine Morde, dafür aber am jetzigen Fundort der Babyleiche einen tödlichen Unfall gab vor ein paar Jahren.

An dieser Stelle wechselt abrupt die bislang in Ich-Form erzählte Perspektive und wir folgen nun der jungen Sandy, deren Handlung in der dritten Person erzählt wird. Sandys Mutter Jenna ist verschwunden, der Vermieter droht wegen ausstehender Mietzahlungen mit Rauswurf.

Dazwischen gibt es Rückblicke auf Mollys Gespräche mit ihrer Therapeutin nach der Totgeburt und auf Jennas Erlebnisse vor etlichen Jahren.

Dann wechselt erneut die Perspektive und nun erleben wir die Geschehnisse aus der Sicht von Barbara. Sie ist die Ehefrau des ermittelnden Kriminalbeamten und ihr Sohn geht zusammen mit Mollys Tochter in den Kindergarten. Ebenfalls in diesen Kindergarten geht der Sohn von Stella, Mollys Freundin, deren älterer Sohn Aiden ständig Probleme mit Obrigkeiten hat. Er wiederum hat Kontakt zu Hannah, der älteren Tochter Barbaras, die wiederum Sandy Nachhilfeunterricht in Mathe gibt. Barbara ihrerseits kann Stella überhaupt nicht leiden und verdächtigt deren Söhne, ihren Sohn auf irgendeine Weise verstört zu haben.

All diese mühsam konstruierten Verbindungen und Verwicklungen wirken unrealistisch. Dazu kommt eine ständige Beschäftigung der Protagonistinnen mit sich selbst, einzig Sandy erscheint hier eher authentisch, sowohl was die Sprache als auch was ihre Handlungen und Reaktionen angeht. Die diversen Mütter – es kommen auch noch Schwiegermütter und Großmütter hinzu – zweifeln an ihrer Perfektion, scheitern daran, geben sich an allem die Schuld und so weiter und so weiter.

An dieser Stelle hat mich der Roman unangenehm an „Das Geflüster“ erinnert, den ich kürzlich rezensierte, in dem sich auch alles um Mütter drehte, die ständig über alles klagen und lamentieren. Hier nun sorgt das dafür, dass die doch eigentlich die Hauptrolle spielende Krimihandlung zu sehr in den Hintergrund gerät. Molly bezieht alles auf sich und ihr Trauma, Barbara behütet ihren Sohn wie einen Augapfel, vergisst darüber die Tochter. Irgendwann hat es mich nicht mehr interessiert, wer warum wann das Baby getötet hat oder ob es überhaupt getötet wurde. Irgendwann wurde der Roman zäh, langweilig, monothematisch und spannungsarm. Alles, was ein Thriller definitiv nicht sein sollte.

Kimberly McCreight – Die perfekte Mutter
Originaltitel: When they found her
aus dem Englischen von Kristina Lake-Zapp
Droemer, Juli 2025
Klappenbroschur, 414 Seiten, 16,99 €

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert