Ein interessantes Konstrukt baut Volker Jarck in seinem Debütroman auf. Es ist ja schon oft behauptet worden, dass über gefühlte sieben Ecken jeder mit jedem irgendwie bekannt ist. Darauf baut sich dieser Roman auf.
Angesiedelt zwischen Bochum und Köln, mit Abstechern nach Boston und anderswo, erzählt der Autor von mehreren Personen, die sich, sei es als Nachbarn, als Klassenkameraden, als Berufskollegen oder weil sie das gleiche Hobby haben, im Laufe ihres Lebens begegnen. Und stets ergibt sich, dass der eine die andere kennt, die wieder dem nächsten irgendwann einmal gegenüber stand. Ich fand diesen Hintergrund ausgesprochen spannend, zeigt es doch wieder einmal, dass „die Welt ein Dorf“ ist. Und bei all dem führt der Zufall – manche mögen es Schicksal nennen – die Regie.
Da haben wir die kleine Greta, die bei einem schweren Verkehrsunfall lebensgefährlich verletzt wird. Ihre Eltern Roland und Kathy sind Nachbarn von Viktor, dessen Frau Marie an Krebs erkrankt ist. Marie ist Polizistin und muss den auf einem Rastplatz verstorbenen Ricardo bergen. Dessen Tochter Lucia ist Krankenschwester in der Klinik, in der Greta behandelt wird. Lucias Freund Tim wurde gerade von seiner Partnerin Linda verlassen, die nun eine Wohnung sucht. Denn in ihre bisherige ist inzwischen die Schriftstellerin Eva als Nachmieterin eingezogen, die vor vielen Jahren mit Viktor zusammen war. Und so geht es immer weiter, bis sich am Ende nicht nur einer, sondern mehrere Kreise schließen. Alle sind auf der Suche nach dem Glück und der Zukunft.
Hierbei den Überblick zu behalten, ist für die Leserin nicht einfach, für den Autor stelle ich mir das als wirkliche Herausforderung vor. Am Ende wird das Ganze zwar ein wenig überstrapaziert, wenn die Handlung plötzlich zwischen heute und der Zukunft in zwanzig und vierzig Jahren hin und herspringt. Aber auch das fand ich durchaus reizvoll und spannend.
Und abgesehen von diesem ungewöhnlichen Aufbau ist der Roman auch noch wunderbar geschrieben. Volker Jarck konstruiert Sätze, die möchte man auswendig lernen: „Die Stunden kippen lautlos um, das Blau wird zum Dunkel, das Schmunzeln zum Grinsen, das Nicken zur Lachträne; …“ (S.84) oder „… und warum sie sich damals so komplett aus den leergeweinten Augen verloren haben.“ (S. 111) oder „..(Glück) ist nicht nur ein Wort für Kathy, es ist das Gegenteil von allem, was nie passieren soll. Glück ist das, was bleibt von all den weggewischten Tränen.“ (S. 147). Dieser Schreibstil ist etwas ganz Besonders und ich hoffe, dass uns der Autor mit weiteren Büchern versorgt.
Volker Jarck: Sieben Richtige
S. Fischer Verlag, August 2020
Gebundene Ausgabe, 320 Seiten, 22,00 €