Um es gleich vorweg zu nehmen: der Roman hat mich enttäuscht. Weder fand ich Zugang zur Handlung noch konnte ich mich für den Stil des Autors erwärmen.
Vorrangiges Thema soll die Gefahr durch sogenannte „Incels“ sein. Incel steht für Männer, die angeblich ungewollt Single sind, die sich von Frauen verachtet, abgelehnt fühlen. Dieses Gefühl kompensieren sie durch extreme Gewalt gegen Frauen, oft in Gruppen, oft durch Vergewaltigung, Folter, ja sogar Mord.
Protagonistin ist die Stockholmer Kommissarin Vanessa Frank, der vorliegende Roman ist der zweite des Autors um diese Ermittlerin. Diese Figur ist durchaus vielschichtig angelegt und hat das Potenzial, ein faszinierender Romancharakter zu sein. Doch leider verschenkt der Autor meines Erachtens dieses Potenzial.
Für mich hat sich in dem Roman die Spannung nicht aufgebaut, über die ersten einhundert, einhundertfünfzig Seiten geschah zu wenig. Womit ich nicht sagen will, dass der Mord an einer Frau – wofür ihr Exfreund in Verdacht gerät – und die Mehrfachvergewaltigung einer jungen Journalistin „nichts“ sind. Das sind durchaus griffige Thrillermotive. Aber man kommt nicht hinein in die Handlung, ständig werden neue Figuren eingeführt, ohne dass erklärt wird, welchen Bezug sie zu den Geschehnissen haben. Stattdessen zerreißt das den Handlungsfaden, man muss sich neu orientieren, nur um im folgenden Kapitel wiederum mit neuen Personen konfrontiert zu werden. Deren Hintergrund, deren Einfluss auf den Haupthandlungsstrang bleibt dabei durchgängig verborgen. Das trägt zur Verwirrung bei, lenkt ab und verdirbt die Spannung und auch den Lesespaß.
Leider tröstet auch der Schreibstil nicht über dieses Manko hinweg. Der ist zwar nicht schlecht, aber eben auch nicht außergewöhnlich, sondern wendet eher alle Standardmittel eines Krimis an, ohne zu überraschen.
Für abgebrühte Fans von harten Krimis mit vielen Gewaltszenen vielleicht ein geeignetes Buch, für mich war der Roman leider kein Vergnügen. Ein gutes Beispiel, wie subjektiv Rezensionen letzten Endes sind, spiegeln sie doch immer einen individuellen Geschmack.
Pascal Engman – Rattenkönig
aus dem Schwedischen von Nike Karen Müller
Tropen, Februar 2021
Klappenbroschur, 463 Seiten, 17,00 €