„Mit diesem Buch möchte ich alle Schreibenden dazu anregen, ihren kreativen Fähigkeiten zu vertrauen und ihr natürliches Ausdrucksvermögen zu entfalten.“ (S. 7)
So lautet der erste Satz des Buchs der bekannten amerikanischen Autorin. Gabriele Rico (1937 – 2013) geht in ihrem Ratgeber für kreatives Schreiben einen ganz anderen Weg als ihre Kolleg:innen. Und hat damit eine neue Herangehensweise entwickelt: die Assoziative Methode. Ganz nebenbei prägte sie auch einen Begriff: das Clustering oder Clustern.
Alle, die schreiben, sei es kreativ, journalistisch, seien es Sachbücher oder Gedichte, beginnen in der Regel mit einer Idee, mit einem Thema. Aus diesem Ursprung, man könnte auch sagen, aus dieser Wurzel erwächst dann der neue Text, der Roman, die Erzählung oder der Artikel.
Mit diesem ersten ursprünglichen Gedanken beginnt das Cluster. Man schreibt ein Wort, einen Begriff oder einen Satz in die Mitte eines ausreichend großen Blattes und malt einen Kreis um dieses Zentrum. Nun lässt man seinen Gedanken, dem unbewussten Denken freien Lauf, alles, was sich sozusagen von allein mit diesem Ursprungswort assoziiert, notiert man um den Mittelpunkt herum. Die neuen Begriffe, Sätze oder Satzbruchstücke umrandet man wieder mit einem Kreis, verbindet diese mit dem Mittelkreis. Aus den neuen ergeben sich dann ganz von allein neue Assoziationen, die man wieder miteinander verbindet. Diese Verknüpfungen entstehen aus sich selbst heraus, ohne nachzudenken. Gerade das letzte ist das Entscheidende: nicht bewusst nachdenken, sondern die Bilder kommen lassen.
Im Laufe dieser Notate, dieses Clusterns, ergeben sich Richtungen, es kristallisiert sich ein neues Hauptbild heraus, um welches man dann weitere Cluster wachsen lassen kann. Ganz von allein findet man so zu den ersten Worten für den neuen Text, die neue Geschichte. Dabei ist das wirklich Entscheidende, dass man seinem Denken erlaubt, eigene Wege zu gehen. Das mag manches Mal zu schmerzlichen Ergebnissen führen, leitet den, der schreiben will, aber auch an sein Ziel.
Ich gestehe, dass ich, als ich das Buch von Gabriele Rico vor einigen Jahren zum ersten Mal las, zweifelte. Es gelang mir nicht, ihr zu folgen. Auch hatte ich Schwierigkeiten, ein Cluster von einer Mindmap zu unterscheiden (der Unterschied ist größer, als man glaubt, ich gehe darauf aber hier jetzt nicht näher ein). Doch später, nachdem ich das Buch ein zweites Mal gelesen hatte, habe ich diese Methode erneut für mich versucht und inzwischen beginne ich neue Kurzgeschichten, neue Erzählungen nicht mehr, ohne vorher geclustert zu haben. Wenn ich ein vorgegebenes Thema habe, über das ich schreiben möchte, kommt der entscheidende Begriff in die Mitte eines ausreichend großen Blattes. Und dann lasse ich meine Gedanken laufen. Wichtig dabei ist, nicht innezuhalten, nicht zu unterbrechen und zu denken, ich mache morgen weiter. Denn dann kommt man definitiv aus dem Fluss der Gedanken heraus.
Manchmal, vielleicht ist das Glück, vielleicht hängt es auch von der jeweiligen Ausgeglichenheit oder der Konzentration ab, manchmal erreicht man in erstaunlich kurzer Zeit den Punkt, wo gewissermaßen die Glocke erklingt und verkündet: Das ist es! Hier bist du bei dem, was du schreiben willst. Aber es gibt auch Gelegenheiten, da erreicht man diesen Moment erst nach vielen Sackgassen, vielen Assoziationen, die ins Leere laufen. Doch wichtig ist, dass man auch dies akzeptiert.
Natürlich kann ich hier nur sehr verkürzt wiedergeben, was Gabriele Rico ausführlich und mit vielen Beispielen in ihrem Buch erklärt und lehrt. Ganz sicher gibt es viele Menschen, für die diese Methode nicht funktioniert, aber ebenso sicher finden sich, davon bin ich überzeugt, viele Romane, die zu Bestsellern wurde, die genau mit dieser Methode begonnen haben. Wer es mit dieser Methode versuchen will, dem sei das Buch von Gabriele Rico wärmstens ans Herz gelegt.
Gabriele Rico – Garantiert kreativ schreiben lernen
aus dem Amerikanischen von Cornelia Holfelder-von der Tann, Hainer Kober und Lieselotte Mietzner
Autorenhaus-Verlag, Neuauflage 2020
Gebundene Ausgabe, 348 Seiten, 22,99 €