In einer interessanten Zeit lässt die Autorin ihren Kriminalroman spielen. 1954, während der Fußballweltmeisterschaft, wird in Osnabrück ein angesehener Friseur erschossen. Nicht nur unter den Kunden, auch innerhalb seiner Familie gibt es reichlich Verdächtige. Derer annehmen muss sich Kommissar Johann Conradi. Dieser wird nicht nur durch seinen unsympathischen Vorgesetzen genervt, er leidet auch noch immer heftig unter dem Tod seiner Frau und seines Kindes, die bei einem Bombenangriff während des Krieges starben.
Rolf Schmalstieg, das Mordopfer, lebt in einer sogenannten „Onkel-Ehe“ mit Lieselotte zusammen. Sie hat drei Kinder aus ihrer Ehe mit Otto Korittke, der nicht aus dem Krieg heimkehrte und den sie für tot erklären ließ, und zwei Kinder von Rolf.
Doch am Tag vor dem Mord steht Otto plötzlich im Frisiersalon. Aber nicht nur Otto gerät in Verdacht, auch Lieselottes Sohn Karl hätte ein Motiv, seinen „Stiefvater“ zu töten. Ebenso wie ein ehemaliger Soldat, der von Rolf im Krieg im Stich gelassen worden war. Bis es dem Kommissar gelingt, die Spuren richtig zu deuten, die Motive zu beleuchten, vergehen etliche Tage. Während derer er sich wieder und wieder vor seinem Widerling von Chef rechtfertigen und sich der Verkupplungsversuche seiner Wirtin erwehren muss. Und während derer die meisten Menschen sich vor allem für die Fußballspiele der Weltmeisterschaft interessieren.
Die Autorin, selbst in Osnabrück aufgewachsen, erzählt die Geschichte geruhsam, ohne viel „Action“. Vor allem viel Zeitkolorit vermittelt sie in ihren Beschreibungen. Besonders im Verhältnis der Männer und Frauen zueinander wird dies deutlich oder wenn die traumatischen Kriegserlebnisse die Handlungen der Menschen noch zehn Jahre danach beeinflussen. Mit viel Liebe zum Detail beschreibt Alida Leimbach die Wohnungseinrichtungen, die Lebenssituationen, ja bis hin zu zeittypischem Essen oder der Kleidung.
Leider geht diese Detailtreue, die durchaus beim Lesen erfreut, zu Lasten der Spannung. Diese kommt so gut wie gar nicht auf. Die Dialoge sind wenig lebendig, zu langatmig, mit vielen Wiederholungen und kaum neuen Informationen, die Figuren, obwohl mit viel Hintergrund erdacht, dennoch recht schablonenhaft. Durch den etwas distanzierten Schreibstil entsteht keine Empathie, kein Mitgefühl mit den Protagonisten. Eine straffere Erzählweise, eine Kürzung des Romans um etliche Seiten, wäre in meinen Augen der Spannung und der Lesefreude zuträglicher gewesen.
Trotz allem, wegen des Bezugs zu den Fünfziger Jahren und der gelungenen Darstellung dieser Zeit, ist der Roman lesenswert.
Alida Leimbach – Tod unterm Nierentisch
gmeiner, April 2021
Paperback, 472 Seiten, 15,00 €