Eine junge, an Depressionen leidende Frau reist in einen entlegenen kanadischen Küstenort. Dort will sie Frieden und ihre Mutter finden. Doch dann wird eine weibliche Leiche im Meer geborgen – eben ihre Mutter.
Ein älterer, Mid-life-Krisengeplagter Kommissar siedelt in diesen Küstenort um, wartet auf seine Frau, die später nachkommen will. Er wird, obwohl eigentlich im Urlaub, mit den Ermittlungen hinsichtlich der im Meer gefundenen Frauenleiche beauftragt.
Die im Dorf lebenden Menschen, wortkarge, wettergegerbte Fischer vor allem, sind dem Ermittler dabei keine Hilfe, verwirren ihn mit ihren spärlichen Informationen. Auch die junge Catherine, die Anschluss sucht und nicht wirklich findet, kommt den Einwohnern nicht recht nah. Dabei spielt im Grunde das Meer die Hauptrolle in diesem recht düsteren Roman.
So recht fand ich nicht den Zugang, weder zur Handlung noch zu den Handelnden. Der Kommissar Joaquín Morales, seinen mexikanischen Wurzeln zum Trotz auf die Frage nach seiner Herkunft stets Montreal nennend, ist sympathisch-verpeilt. Seine Sorgen um seine Ehe, seine altersbedingten Grübeleien kollidieren mit seiner Tätigkeit, lenken ihn ab von den Ermittlungen. Die Gespräche mit den Einheimischen sind lang und anstrengend, für den Kommissar ebenso wie für die Leserin. Die Unterhaltungen driften ständig vom Kern ab, verlieren sich in ebenso end- wie zusammenhanglosen Dialogen. Bei denen die Leserin zumal immer wieder den Faden verliert, nicht mehr erkennen kann, wer gerade was sagt. Die Erzählperspektiven wechseln sprunghaft, manchmal mitten im Absatz, die Handlung ist wenig stringent, verwirrt, nimmt immer wieder Umwege.
Was der Autorin hingegen gelingt, sind die atmosphärischen Darstellungen. Sowohl Landschaft wie Meer macht sie fast greifbar, fühlbar. Das Ungestüme, Ungezähmte der rauen See beschreibt sie mit passendem Pinselstrich. Ebenso wie die Menschen, diese ebenfalls ungezähmten Männer, die es mit dem Meer immer wieder aufnehmen, sie findet auch dafür die geeigneten Worte.
Dennoch war mir der Roman nicht fesselnd, die Handlung nicht interessant und die Figuren nicht nahbar genug. Vieles, was gesprochen wurde, was geschah, trieb den Plot nicht voran, lenkte ab, war schlicht langweilig. Die Atmosphäre allein reichte nicht, um mich zu erreichen.
Roxanne Bouchard – Der dunkle Sog des Meeres
aus dem Französischen von Frank Weigand
atrium, April 2021
Gebundene Ausgabe, 334 Seiten, 20,00 €