Dieser Roman ist vor allem das Psychogramm einer Familie oder vielmehr einer Frau, und das über mehr als 50 Jahre. Diese Frauenfigur ist faszinierend in ihrer Vielschichtigkeit, in ihrer Versponnen- und Versonnenheit. Dennoch hat der Roman etliche Längen, was die Freude beim Lesen etwas trübt.
Insbesondere die Männer im Leben der Protagonistin Margot sind entscheidend für ihren Lebensweg, beginnend mit ihrem Vater. Sie wird in Luxemburg geboren und wächst in der Vorkriegszeit in einer wohlhabenden Familie auf. Die Begegnung mit den deutschen Besatzern prägt sie ebenso wie die Ehe mit Hermann Heider. Wichtigster „Mann“ ist für sie aber immer ihr Sohn Fred. Auch seinen Lebensweg zeichnet der umfangreiche Roman nach.
1952 begegnen wir Margot und Fred zum ersten Mal, ebenso wie Willi Koch, der Maurer, sie hier in Köln zum ersten Mal trifft. Er ist sofort fasziniert von dieser geheimnisvollen Frau, die in einer etwas zweideutigen Beziehung mit dem Niederländer Johann de Boer steckt. Diesem verdankt sie sowohl Wohnung wie Auskommen, dennoch fühlt auch sie sich zu Willi hingezogen.
Bis in die Gegenwart begleiten wir Margot, Willi und Fred über die verschiedenen Stationen, in verschiedenen Orten, Ländern und Situationen.
Dabei dringt die bereits mehrfach ausgezeichnete Autorin Andrea Heuser tief in die Gefühlswelt von Margot ein. Die Leserin spürt ihre Zerrissenheit, ihr Verhaftetsein in und ihr Leiden an der Vergangenheit. Stets etwas abgehoben, immer in Gedanken versunken, abwesend, so lebt Margot ihr Leben, distanziert vom Alltag anderer Menschen, so will es scheinen.
Dadurch entgeht ihr vieles, was ihren Sohn beschäftigt, dadurch bleibt sie immer innerlich einsam, trotz der Menschen, die sie lieben und für sie da sind.
Das Ganze liest sich etwas mühsam, besonders die Passagen der Gedankenwelt von Margot sind manchmal dann doch zu versponnen, zu konstruiert, zu wenig nachvollziehbar. Das ist vor allem deswegen schade, weil die Geschichte an sich interessiert, man möchte erfahren, wie das Leben mit Margot, Fred und Will umgeht, was aus ihnen wird. Doch die zusätzlich immer wieder eingefügten Rückblenden, die detaillierten Schilderungen von Margots Leben vor und während des Kriegs, die Beschreibungen des Verhaltens ihrer Eltern in dieser Zeit, reißen die Haupthandlung auseinander, sind mir etwas zu langatmig gewesen, um spannend sein zu können.
Insgesamt ein etwas zähes Lesevergnügen, trotz der sehr interessanten Figuren.
Andrea Heuser – Wenn wir heimkehren
DuMont, August 2021
Gebundene Ausgabe, 590 Seiten, 24,00 €