„Vergessen Sie nicht, dass die Muse Arbeitstiere bevorzugt und Primadonnen verabscheut.“ (S. 87)
Dieser Satz bildet schon fast die Quintessenz dieses interessanten Buches. Ein Buch, das jedem, der kreativ arbeiten will, sozusagen auf die Sprünge hilft. Denn es geht vor allem um eins: den inneren Widerstand zu überwinden.
Und dabei ist auch der folgende Gedanke, der eigentlich ganz einfach ist, eine Aussage, die man sich beispielsweise über den Schreibtisch hängen sollte: „Nicht das Schreiben ist das Schwierige, sondern sich hinzusetzen und damit anzufangen.“ (S. 16).
Steven Pressfield, seines Zeichens Bestseller- und Drehbuchautor, zeichnet in seinem Buch die Wege, die man gehen muss, um sein Ziel zu erreichen. In kurzen Kapiteln, teilweise nicht länger als ein paar Sätze, eine Viertelseite, vermittelt er stakkatoartig diesen Wegweiser.
Zuerst erläutert er diese inneren Widerstände, die der größte Feind der Kreativität sind. Ein innerer Widerstand ist eine negative Kraft, die verhindern will, dass wir uns an die Arbeit machen. Und natürlich ist es wie immer im Leben: je größer diese negative Kraft, desto wichtiger ist unser Ziel, desto größer die Herausforderung. Der erste Schritt, den der Autor hier beschreibt, ist es natürlich, erst einmal diesen Feind zu erkennen. Warum zögern wir, mit dem Schreiben zu beginnen, was hält uns ab, was lässt uns zweifeln?
Wir alle kennen die Prokrastination ebenso wie den nimmer schweigenden inneren Kritiker. Doch auch das Selbstmitleid, die Herabwürdigung durch einen selbst oder durch nahestehenden Personen, all das erhöht die inneren Widerstände, die inneren Blockaden.
Natürlich klingt es furchtbar einfach, wie Steven Pressfield es hier beschreibt. Danach müssten wir alle mit ein paar Übungen, ein paar Gedanken imstande sein, diesen Feind zu besiegen. Ja, wenn es so einfach wäre…
Im Grunde sollte es auch einfach sein. Denn es geht vor allem darum – so banal das klingt – der eigene Herr zu werden. „Wer nicht in der Lage ist, sich selbst zu regieren, ist dazu verdammt, Herren zu finden, die das für ihn übernehmen.“ (S. 54) Um das zu erreichen, rät Pressfield, sei man ordentlich, konzentriert, mache sich die Ziele klar. Und rufe die Muse herbei.
Denn, siehe oben, die Muse mag Arbeitstiere. Soll heißen, wenn wir uns auf den Hosenboden setzen, statt Ausflüchte zu suchen, statt zu jammen und zu klagen, dann wird sie von ganz allein kommen. Ein wenig erinnert es auch an den altbekannten Lehrsatz, nachdem man jeden Tag schreiben soll, um ein Autor, eine Autorin zu werden. Nur wer jeden Tag schreibt, es ein wenig wie eine regelmäßige Arbeit betrachtet, wird Erfolg haben. So das Credo von Pressfield – und nicht nur von ihm. Und so ist nicht nur er selbst auch der beste Beleg für die Wahrheit dieses Credos, hat er doch damit hinreichend Erfolg gehabt.
Auch wenn manche Absätze, besonders im zweiten Drittel des Buchs, mir ein wenig zu esoterisch waren, hat mir das Buch von Steven Pressfield in gewisser Weise doch die Augen geöffnet. Weil es mir logisch erscheint, was er schreibt. Und weil man im Grunde immer wieder den Beweis bekommt für das, was er schreibt. Dann nämlich, wenn die Muse uns besucht. Dann haben wir den Feind namens innerer Widerstand besiegt. Jedenfalls bis zum nächsten Mal, wenn wir ihm wieder begegnen.
Eine klare Leseempfehlung für einen gut geschriebenen, im Alltag praktisch anwendbaren Ratgeber
Steven Pressfield – The War of Art
aus dem Amerikanischen von Karin Dufner
Autorenhaus Verlag, Oktober 2021
Gebundene Ausgabe, 171 Seiten, 14,90 €