Florence Nightingale war so viel mehr als nur die „Lady with the lamp“, als nur die Krankenschwester an den Betten der schwer verwundeten Soldaten des Krimkrieges im 19. Jahrhundert. Davon erzählt dieses Buch, das mehr ist als eine Biografie und das sich liest wie ein spannender Roman.
Einer der Forschungsschwerpunkte der Autorin sind Kultur- und Sozialgeschichte von Gesundheit und Krankheit. Das prädestiniert sie für dieses Buch, welches nicht nur das Leben und die Geschichte der Frau Florence Nightingale schildert, sondern auch die historischen Zusammenhänge erläutert, die Tätigkeit Nightingales in diese Zusammenhänge einordnet und damit erst verständlich und nachvollziehbar macht.
Ohne verkrampft in einen populärwissenschaftlichen Duktus zu verfallen, dabei aber immer gut und flüssig lesbar, beschreibt Herold-Schmidt in ihrem Buch den Werdegang der bis heute als Mutter aller Krankenschwestern angesehenen Florence Nightingale. Sie beginnt mit deren Herkunft, ihrem sozialen und familiären Umfeld, damit erklärt sich dann auch vieles im späteren Handeln und Wirken dieser besonderen Frau.
Nightingale, der im Gegensatz zum üblicherweise vorgegebenen Leben der Frauen ihrer Zeit nie der Sinn nach Ehe und Mutterschaft stand, kann dank ihres Vater und ihrer wohlhabenden Familie ihre Bildung wesentlich weiter vertiefen als für Frauen der damaligen Zeit gewünscht und gefördert. Besonders wichtig ist ihr in ihrem ganzen Leben das Hinterfragen, das nicht einfach hinnehmen von Gegebenheiten. Sie ist auch eine große Freundin von Statistiken, die ihr später, nach dem Ende der Krimkriege, als sie in England als Beraterin vieler Minister und sogar der Königin herangezogen wird, sehr behilflich sind, wenn es darum geht, sture Männer von ihren Vorstellungen zu überzeugen.
Zu ihrer Zeit, als sie zum ersten Mal auf die Schlachtfelder und in die Lazarette kommt, ist die Tätigkeit von Frauen in Hospitälern etwas Ungewohntes, Fremdes. Wenn überhaupt, kommen Frauen aus der Unterschicht, oft dem Alkohol verfallen oder aus Armut kriminell geworden, dort zum Einsatz. Nightingale ändert das, beginnt damit, die sich freiwillig meldenden Frauen auszubilden, wobei sie ganz besonders auf große Hygiene achtet, etwas, was zu dieser Zeit wenig bis gar nicht beachtet wird. Beliebt macht sie sich damit nicht, insbesondere nicht bei Militär und bei den Befehlshabern.
Aber sie setzt sich durch, was sich im Grunde bis heute spüren lässt. Noch heute gibt es Schwesternschulen, die auf den Methoden und Lehren Nightingales beruhen oder doch zumindest ihren Namen tragen.
All das schildert die Autorin in diesem spannenden und hochinteressanten Buch, das man nur empfehlen kann. Es bietet sich an, weiterführende Literatur heranzuziehen, worauf man auch entschieden Lust bekommt, nach dieser Lektüre.
Hedwig Herold-Schmidt – Florence Nightingale: Die Frau hinter der Legende.
wbg Theiss, März 2020
Gebundene Ausgabe, 320 Seiten, 30,00 €