Bei einem Kriminalroman, den ich in dieser Woche rezensiert habe, kam mir die Frage in den Sinn, wieviel Hintergrund braucht eine Figur. Gerade bei Krimis, ob im Fernsehen oder im Roman, kann es sehr schnell zu viel Hintergrund, zu viel Privates der Figur sein, das der Autor oder die Autorin in den Plot einbaut. Denn alles, was vom Fall ablenkt, bricht die Spannung, bricht die Handlung. Dass der Autor seine Figuren bis in den hintersten Winkel ihrer Gedanken und Gefühle kennen muss, ist selbstverständlich. Tut er das nicht, merkt man das beim Lesen sofort.
Doch längst nicht alles, was die Autorin über ihre Figur weiß, muss auch die Leserin wissen. Jedenfalls muss sie es nicht detailliert erzählt bekommen. Gerade in Krimis wird es, so will es mir scheinen, immer mehr Mode, die Ermittler mit einem möglichst düsteren, komplizierten Privatleben auszustatten. Warum gibt es so wenige Kommissare und Detektive mit einer harmonischen Beziehung, ordentlichen Wohnverhältnissen und ohne kriminelle Freundschaften? Wäre das wirklich so langweilig?
Aber ich komme vom Thema ab. Denn es geht ja nicht um die Art des Hintergrundes, sondern um die Menge. Die Menge, die der Autor beim Schreiben im Kopf haben soll und die Menge, die er dann im Roman erscheinen lässt.
Wobei dieses Wissen um die Figur nicht platt erzählt werden darf. Der Leser muss es finden, spüren, in Aktion und Reaktion der Figur, in ihrem Verhalten, Gefühlen, in Sprache und Gedanken. Ein Beispiel: Der Ermittler wurde als Kind von einem Hund gebissen und hat seither große Angst vor allen Hunden. Das zeigt man in entsprechenden Szenen im Verlauf der Handlung. Und wenn man es auf die Spitze treiben will, muss der Mann, um zum Beispiel ein Opfer vor dem Verbrecher zu retten, an einem sabbernden, zähnefletschenden Riesenrottweiler vorbei. Was er natürlich schafft, wenn auch unter Todesangst, dafür geht er danach als Held vom Platz. Das aber gerade weil seine Angst vor Hunden vorher bekannt war und diese Szene dadurch um Längen spannender wird.
Der Vorfall, auf welchem seine Angst sich begründet, den zeigt der Autor auch, vielleicht in einem Rückblick, wenn sich die damalige Szene mit der aktuellen überblendet. Oder indem der Kommissar jemandem davon erzählt oder wie auch immer.
Und so gibt es viele Dinge im Leben der Protagonisten, die auf ihr jetziges Leben wirken und ihr Handeln bestimmen. Diese Dinge weiß erstmal nur der Autor. Aber je mehr er weiß, desto besser. Übrigens darf dabei gerne auch etwas vom Autor selbst in die Figur mit einfließen, wer sollte da etwas dagegen haben.
Das alles gilt natürlich nicht nur für Kriminalromane. Dort jedoch macht sich das Zuviel an Hintergrund gerade oft störend bemerkbar, weil es aus der laufenden Handlung herausreißen kann, sofern es für diese nicht von entscheidender Bedeutung ist.
Wie viel Hintergrund gestehst du deinen Figuren zu, wie viel davon fließt in deinen Roman, deine Geschichte ein?