In einer meiner Rezensionen diese Woche schreibe ich, dass ich den Roman für ein Männerbuch halte. Weil zum einen vor allem Männer darin vorkommen und weil die Handlung auch sehr männlich geprägt wirkt. Aber gibt es das, diese Unterscheidung zwischen Männer- und Frauenbüchern?
Ich denke ja. Schau dich doch mal in einer Buchhandlung um. Mal abgesehen davon, dass ohnehin dort vor allem Frauen einkaufen (ebenso wie bei Lesungen, Büchermärkten und ähnlichem vor allem Frauen in Erscheinung treten…), gibt es dort Regale voller Bücher für weibliche Leser und wenige Ecken mit Büchern für Männer.
Beim Einsortieren in die entsprechenden Regale hat es die Buchhändlerin meistens ziemlich einfach. Liebesromane kommen in das Regal für Frauen, Thriller in das für Männer – ohne dass es selbstverständlich verboten wäre, in das jeweils andere auch mal zu greifen. Wer behauptet, Frauen würde keine Thriller lesen, irrt sich nämlich bestimmt. Übrigens schreiben Frauen auch wirklich unglaublich gute, weil sehr spannende Thriller, aber das nur nebenbei.
Aber ist diese Zuordnung zu den Geschlechtern bei allen Genres so einfach? Doch sicher nicht. Fantasy zum Beispiel ist vermutlich gleichermaßen beliebt (oder unbeliebt) bei Leserinnen wie bei Lesern. Bei Kriminalromanen könnte es schon wieder solche geben, die mehr von Frauen gelesen werden. Ich denke da an die sogenannten Cosy-Crime-Romane oder auch die humorvollen Landkrimis. Aber ist es nicht eher ein Vorurteil, dass Spionageromane mehr etwas für Männer sind?
Noch komplizierter wird diese Zuordnung, wenn wir zum Geschlecht auch noch das Alter der Leser und Leserinnen hinzunehmen. Wobei, auch da bin ich mir nicht so ganz sicher: lesen Ältere andere Lektüre als Jüngere? Und wenn, wo ist dann die Grenze, welche Bücher sind für die Zwanziger, welche für die Vierziger und welche für die Sechzig Plus?
Einfach ist das ja noch, wenn du die Leserin oder der Leser bist, du kannst im Laden auf die Hilfe der Verkäuferin hoffen, sie wird dir schon das Passende zeigen. Aber wenn du die Autorin oder der Autor bist, dann musst du dir beim Schreiben – oder noch besser vor dem Schreiben – überlegen, wer deine Zielgruppe ist. Davon bin ich zumindest überzeugt. Natürlich kannst du es dir leicht machen, schreibst einfach drauflos und hoffst, dass die richtigen Leser:innen für dein Buch es schon finden werden. Nach dem Motto: jedes Töpfchen findet seinen Deckel.
Ich glaube aber, dass du zumindest was Alter und vielleicht eben auch Geschlecht angeht, vorher eine Vorstellung von deiner Leserin, deinem Leser haben solltest. Ein wenig stelle ich ihn oder sie mir dann vor, ganz so, als würde ich genau dieser Person meine Geschichte erzählen. Meiner Überzeugung nach trägt das dazu bei, dass du besser, empathischer schreibst und deine Zielfigur besser erreichst. Vielleicht ein wenig so, als würdest du ihr einen Brief schreiben. Was im Übrigen dazu führt, dass du deine Erzählstimme findest – ein weiterer Aspekt, der beim Schreiben von entscheidender Bedeutung ist. Dazu aber ein anderes Mal mehr.