Es ist ziemlich lange her, dass ich den letzten Roman der Autorin gelesen habe – und nun weiß ich auch wieder, warum. Denn auch dieser neue um eine frustrierte verlassene Ehefrau hat mich nicht überzeugt.
Idliko von Kürthy erzählt von Ruth, deren eitler, selbstgefälliger Mann Karl, ein Schauspieler, der in einer Dauerserie festhängt, sie nach etlichen Ehejahren zurücklässt, um sich eine „Auszeit“ zu nehmen. Ruth, statt die neugewonnene Freiheit zu genießen, verfällt in endloses Selbstmitleid. Sie hat sich in absolute Abhängigkeit von ihrem Mann drängen lassen, sich ihr ganzes Leben lang untergeordnet, zurückgesteckt. Darüber lamentiert sie nun, während sie im Auto sitzt auf der Fahrt zu ihrer Schwester.
Mit dieser hat sie seit 15 Jahren keinen Kontakt mehr, seit einem dramatischen Vorfall auf Ruths Hochzeit. Doch nachdem Ruth im Abfall einer Drogerie ein Foto ihres Mannes in eindeutiger Position fand, ist sie aufgewühlt. Warum sie deswegen impulsiv direkt von der Drogerie aus nach Hamburg fährt, ist die erste von vielen Ungereimtheiten, die mir diesen Roman verleidet haben.
In Hamburg lebt Gloria oder Maria, Ruths Schwester, zusammen mit mehreren Mitbewohnern, die alle irgendeine schwere Geschichte haben oder auch nicht. Das alles wird aus diversen Perspektiven erzählt, mit end- und inhaltslosen Dialogen und etlichen Rückblicken, so dass ich immer wieder den Faden verlor.
All diese einzelnen Geschichten erreichten mich nicht, berührten und rührten nicht, im Gegenteil, das Selbstmitleid, in dem alle mehr oder weniger ertranken, machte die Lektüre für mich sehr mühsam. Dieser Kritikpunkt ist natürlich geschmacksabhängig, sicher gibt es Leserinnen, die sich in die Protagonistinnen gut einfühlen können. Mir ist das nicht gelungen.
Da half auch der ansonsten gute und bildhafte Stil der Autorin nicht. „Jedes popelige Laminat, jeder Waschbetonboden und selbst der von Unkraut durchzogenen Voreifel-Rasen legte sich Karl bereitwillig zu Füßen und wurde durch ihn zu den Brettern, die die Welt bedeuten.“ (S. 58).
Es zeigt sich wie so oft, dass es besondere, gut ausgearbeitete Figuren braucht mit besonderen Schicksalen, um Lesende zu fesseln und einen Roman zu einem guten Buch zu machen.
Lobenswert ist jedoch die Aufmachung des Romans, der mit vielen netten Zeichnungen aufgepeppt wird.
Idliko von Kürthy – Morgen kann kommen
Wunderlich, April 2022
Gebundene Ausgabe, 364 Seiten 22,00 €