Scheidung ist heute nicht mehr ungewöhnlich. Von daher ist es eigentlich verwunderlich, dass sich nicht mehr Romane mit dem Thema befassen, wie man danach weiterlebt, wie man mit dem Ex umgeht und wie man vielleicht eine neue Liebe findet. Natürlich gibt es viele Liebesromane, die sich letzterer Frage widmen, doch im vorliegenden Buch geht es vorrangig darum, wie die Protagonistin sich von ihrem Ex-Mann abnabelt, wie sie lernt, ihm zu misstrauen und dabei ihre kleinen Töchter aus allem Streit herauszuhalten.
Emma, zweite im Reigen von fünf Schwestern und Mutter von Iris und Violet, ist seit einem Jahr von Simon geschieden. Der hat sie während ihrer gesamten Ehe ständig betrogen und belogen, er ist ein eitler, selbstverliebter Gockel, der stets im Mittelpunkt stehen muss und anderen seinen Willen aufzwingt. Bis Emma all dies klar wurde, hat sehr lange gedauert und auch jetzt, nach der Scheidung, entdeckt sie immer wieder neue Abgründe in dem Mann, den sie einst geliebt hat.
Auf das eifrigste beschäftigt damit, Emma die Augen zu öffnen, sind ihre vier Schwestern. Allen voran die jüngste, Lucy, die bei Emma seit deren Trennung wohnt und sich um die Kinder kümmert, während Emma, sie ist Herzchirurgin, bei der Arbeit ist. Lucy ist eine herrliche Figur, aufsässig, kaltschnäuzig, ohne Hemmungen sagt sie jedem ins Gesicht, was sie denkt, sie ist freizügig und eine liebevolle Tante.
Emma selbst ist mir etwas zu gut, zu fehlerfrei, zu sehr als Gutmensch gezeichnet. Stets stellt sie sich selbst zurück, hat für alle und jeden Verständnis, gibt sich grundsätzlich die Schuld. Das ist mir zu strapaziert, dadurch aber wird der Gegensatz zur wilden, lebendigen Lucy umso deutlicher. Diese coacht Emma auch jedes Mal, wenn die mal wieder ein Date hat.
Titel und auch Klappentext führen bei diesem Buch ziemlich in die Irre, finde ich. Denn weder ist der Roman so überwiegend witzig, wie der Titel suggeriert, noch „sagt Emma Simons Lügerei mit überaus unkonventionellen Mitteln den Kampf an“, wie der Klappentext behauptet.
Über etwa die Zeitspanne eines Jahres deckt der Roman Emmas Entwicklung ab, die einigermaßen gut beschrieben wird, auch wenn sie immer mal in ihre alte Rolle als Mülleimer der Familie zurückfällt. Es gibt sehr viele lustige Szenen, aber auch nachdenkliche, traurige und berührende. Zwar zieht sich alles ein wenig, sind manche Szenen zu ausgewalzt – so zum Beispiel eine Aussprache zwischen Simon und Emma – aber insgesamt macht der Roman wirklich Spaß. Die Figuren wachsen nach und nach ans Herz, auch die Kinder sind wunderbar gezeichnet, weder kitschig noch zu süßlich. Emmas andere Schwestern, ihre Mutter, die Männer, denen sie begegnet oder ihre kleinen Patienten, all das ist stimmig und herzerwärmend. Am Ende wünscht man sich zu erfahren, wie es mit allen weitergeht. Ja ich wünsche mir tatsächlich eine Fortsetzung mit all diesen liebenswerten Charakteren.
Kristen Bailey – Wo kann ich bitte meinen Mann zurückgeben?
aus dem Englischen von Antonia Zauner
Lübbe, April 2022
Taschenbuch, 428 Seiten, 12,99 €