Gehst du gern zu Lesungen? Mal abgesehen davon, dass wir Bücherwürmer natürlich am liebsten selbst lesen, ungestört und ungehemmt …
Aber es hat doch auch seinen Reiz, den Autor oder die Autorin live zu erleben, zuzuhören, wie er oder sie den Roman vorträgt. Jede Art zu lesen ist immer auch schon eine Art der Interpretation. Jede Betonung, jede Modulation verleiht dem Text eine ganz eigene Wirkung – übrigens für mich ein Grund, warum ich keine Hörbücher mag: die Sprechenden schränken meine Fantasie ein, ich höre dann nur ihre Stimmen und nicht mehr die Erzählstimme des Verfassers.
Neben dem Effekt, dass du heraushören kannst, wie die Autorin sich in ihre Figuren einfühlt, lernst du ja auch die Schriftstellerin persönlich kennen. Mit etwas Glück ergibt sich sogar die Gelegenheit, ein paar Worte mit ihr zu wechseln.
Also ich liebe es, auf Lesungen zu gehen, denn alle Menschen, die sich dort versammeln, sind ebensolche Bücherliebhaberinnen wie ich, lieben die Literatur und lauschen dem Vortragenden gebannt. Etwas Besonderes ist es dann noch zusätzlich, falls der Autor in einer anderen Sprache schrieb und die Übersetzerin ebenfalls liest. So etwas durfte ich bereits erleben und es war im wahrsten Sinn ein Erlebnis. Auch weil man so endlich einmal auch die Übersetzerinnen und Übersetzer kennenlernt.
Dass eine Lesung natürlich immer Werbung ist, geschenkt. Wie sonst soll auch ein Autor auf sein Werk aufmerksam machen, wie sonst soll er in Kontakt mit seinen Leserinnen kommen? Dieses direkte Feedback, diese Resonanz zu spüren, das liebe ich, wenn ich auf der anderen Seite stehe, also selbst die Vorlesende bin.
Gerade durfte ich das wieder erleben. Auf der Benefizveranstaltung, die ich in unserer Stadt organisiert habe, zusammen mit der wunderbaren Jazzformation WassenJazz und den fabelhaften Chansonsängerinnen vom Duo EigenArts.
Es war so wunderbar, gigantisch, es war emotional, harmonisch und berührend. Die Musik, obwohl beide Gruppen sehr unterschiedliche Richtungen präsentieren, passte perfekt zu unseren Texten, die wir von meiner Autorengruppe SiebenSchreiber vortrugen. Alle diese Texte beschäftigten sich natürlich mit Krieg und seinen Folgen. So fragte eine von uns die Weisen der Erde, warum es Krieg geben muss. Oder eine andere schilderte das Gefühlschaos, das dieser Krieg in ihr auslöste.. Mein eigener Text mit dem Titel „Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“ handelte vom Besuch einer verzweifelten Frau auf einem Friedhof, wo sie beim Anblick einer ums Überleben kämpfenden Rose wieder Hoffnung und Zuversicht schöpfte.
Der gesamte Erlös, alle Spenden und Einnahmen des Abends kommen den ukrainischen Geflüchteten zugute, die von der hiesigen Flüchtlingshilfe betreut werden. Insbesondere die Kinder sollen damit Ausflüge und Ferienspiele erleben dürfen.
Unser Bürgermeister hielt eine anrührende Rede, in der er mahnte, den Krieg nicht über anderen Ereignissen aus der Aufmerksamkeit zu verlieren. Am Ende standen wir alle gemeinsam auf der Bühne und sangen das ukrainische Lied „Sag mir, wo die Blumen sind“, es war wirklich sehr ergreifend.
Auch den Besuchern muss es sehr gut gefallen haben, wir erhielten schließlich sogar Standing Ovations. Welch ein Erlebnis!
Und natürlich: Nach der Lesung ist vor der Lesung oder: Der nächste Streich folgt sogleich. Am 25. Juni lese ich in Bingen zusammen mit den anderen Autorinnen von KommPlot. Mehr dazu hier.
Unschwer zu erkennen: ich liebe Lesungen, egal ob als Zuhörerin oder als Vortragende. Und du?