Die Geschichten zweier Frauen, die sich nie begegneten, erzählt mit hoher sprachlicher Finesse.
Ende der zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts ereilte die Fischer der Ostsee ein dreijähriges Fangverbot. Nun mussten sie nicht nur eine Beschäftigung, sondern auch vor allem neue Einkommensquellen finden. Da überrascht es, dass ihnen ausgerechnet das Knüpfen von Teppichen geeignet erschien. Doch in der Tat begannen die Fischer, feinste Teppiche zu erschaffen, nach unterschiedlichen Knüpftechniken, mit immer wechselnden Motiven aus ihrem Alltag, Schiffe, Fische und das Meer.
Einhundert Jahre später erhält die spröde, sehr zurückgezogen lebende Kuratorin Mia Sund eines Tages einen derartigen Teppich zugeschickt, der jedoch noch viele andere Motive zeigt, einen Namen zu nennen scheint wie eine Signatur und in welchen viele geheimnisvolle Zeichen eingeknüpft sind.
Mia, deren Vergangenheit man in Rückblicken kennenlernt, fühlt unmittelbar eine immense Verbundenheit zu diesem Teppich, ja er scheint fast zu ihr zu sprechen. So beginnt sie intensive Recherchen, die sie zum Reisen zwingen. Sie fährt nach Kroatien und folgt von dort den Spuren des Teppichs und seiner Geschichte.
Schließlich wechselt die Perspektive und wir lernen die Künstlerin kennen, die den Teppich schuf. Wir folgen ihr durch ihre eigene Geschichte, erfahren, wie es dazu kam, dass sie die Fischer das Knüpfen lehrte und folgen ihr auf ihrem Weg. Das wird immer wieder kommentiert von Mia, sozusagen aus dem Off, die sich immer mehr in ihren Recherchen, in der Vergangenheit verliert.
All das erzählt Karin Kalisa langsam, geruhsam. Dabei feilt sie ihre Sätze, drechselt sie geradezu. Manchmal will es mir scheinen, ergötzt sie sich dabei etwas zu sehr an ihrer eigenen Sprache und ihrer Sprachkunst. Denn immer wieder verliert sie den Faden, verliert sie sich in Wiederholungen derselben Beschreibung in immer neuen Formulierungen und mit immer neuen Metaphern und Bildern. Das ermüdet, das bremst die Lesefreude, will man doch erfahren, wie die Geschichte von Mia weitergeht und wie sie endet.
Doch am Ende lässt mich der Roman dann auch leider ein wenig unbefriedigt zurück, bleiben viele Dinge offen, ungeklärt, hätte ich gerne manchen Knoten gelöst gesehen.
So ist dieser Roman sprachlich fulminant, der Plot in jedem Fall ungewöhnlich und fesselnd, die Handlung aber recht zäh.
Karin Kalisa – Fischers Frau
Droemer, Mai 2022
Gebundene Ausgabe, 255 Seiten, 22,00 €