Ein beschaulicher Roman mit liebenswerten Figuren, aber leider auch einem etwas arg betulichen und wenig überraschenden Plot. Daran ändert auch die nette Idee, einen achtarmigen Oktopus als Erzählperspektive einzubinden, nicht viel, auch wenn besagtes Tier ein echter Philosoph ist.
Dieser Oktopus, der auf den Namen Marcellus hört, beobachtet jeden Abend die Rentnerin Tova Sullivan, die in dem Aquarium ihrer Stadt, in welchem Marcellus lebt, putzt. Dies nicht, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sondern zur Beschäftigung. Denn Tova lebt allein. Ihr Mann ist verstorben und ihr Sohn Eric ebenfalls, das bereits vor langer Zeit, als er erst 18 Jahre alt war. Darum ist Tova sehr einsam, auch wenn sie dies niemandem gegenüber zugibt, am wenigsten sich selbst. Dabei gäbe es den Supermarktbetreiber Ethan, der Tova sehr zugetan ist und gerne ihr Freund und ihre Unterstützung wäre.
Neben dem Erzählstrang aus Tovas Perspektive folgen wir auch dem Geschehen aus Sicht von Cameron. Dieser ist ein junger Mann, dem nichts zu gelingen scheint. Seine Band löst sich gerade auf, seine Jobs verliert er immer wieder nach kurzer Zeit und seine Beziehung geht ebenfalls in die Brüche. Camerons Mutter hat sich vor Jahren abgesetzt, ohne dass sie ihm je gesagt hätte, wer sein Vater ist. Auch seine Tante, die ihn aufzog, kann ihm darüber nichts erzählen. Ein Zufall bringt ihn nun auf die Spur eines möglichen Vaters. Dieser folgend landet Cameron in dem kleinen Städtchen, in welchem Tova lebt.
Was sich dann entwickelt, ist schnell vorhersehbar und darum zieht sich die Geschichte dann gefühlt auch zu sehr in die Länge. Die Leserin ahnt früh, worauf es hinausläuft und die Verzögerungen, die die Autorin einbaut, lähmen die Handlung. Dabei sind die Figuren wie gesagt sehr liebenswert mit ihren Schrullen, ihren Problemen, ihren Liebhabereien und Phobien. Doch die immer wieder eingefügten Erinnerungen Tovas an ihren verlorenen Sohn wirken aufgesetzt und passen manches Mal nicht in die Handlung. Der Roman selbst liest sich flüssig, denn der Schreibstil von Shelby van Pelt ist leichtfüßig, ihre Beschreibungen von Menschen und Landschaft eingehend und die Charaktere lebensecht. Dennoch fehlte mir Dynamik, Spannung und auch Emotion.
Shelby van Pelt – Das Glück hat acht Arme
aus dem amerikanischen Englisch von Andrea Fischer
Krüger, September 2022
Gebundene Ausgabe, 463 Seiten, 22,00 €