Von seinem Buch über die Kunst der Dialoggestaltung war ich restlos begeistert. Und auch dieses über die Entwicklung von Drehbüchern hat mich voll und ganz überzeugt. Wer schreiben will, wer wirklich gut schreiben will, kommt an diesen Büchern von Oliver Schütte nicht vorbei.
Es fällt einem beim Lesen wie Schuppen von den Augen, was man beim Schreiben zu beachten hat. Was der Autor hier erläutert, bezieht er zwar auf das Schreiben und Bearbeiten von Drehbüchern, aber von einigen Ausnahmen, die sich tatsächlich auf das Filmgeschäft beziehen, sind seine Ratschläge, seine Tipps und Anregungen auf das Schreiben von Romanen eins zu eins übertragbar.
Oliver Schütte, selbst Autor und mit Preisen ausgezeichneter Dramaturg, teilt auch dieses Buch geschickt in Abschnitte ein: „Stufen der Drehbuchentwicklung“, „Figuren und Konflikt“ „Aufbau“, „Grundlagen der Drehbuchentwicklung“, „Die Kunst der erfolgreichen Drehbuchentwicklung“ und „Analyse des Stoffs“. Wieder unterfüttert er all seine Ratschläge mit vielen passenden Beispielen, meist aus der deutschen Filmlandschaft, was mir hier wieder als ein Pluspunkt hervorsticht, greifen doch andere Autoren von Schreibratgebern oft auf Beispiele aus dem englischen Sprachraum zurück.
Beim Lesen des Buch läuft vor den inneren Augen stets ein Film ab, man misst die Filme und Bücher, die man kennt, an dem, was Oliver Schütte erklärt. Und dabei, wie bereits gesagt, fällt es einem wie Schuppen von den Augen, erkennt man die Tricks hinter dem Drehbuch, erkennt die genialen oder misslungenen Figuren, Handlungen, Konflikte.
Wenn man dieses Buch liest, wird bewusst, wie viel Arbeit, wie viel Akribie in einem wirklich guten (Dreh-)Buch steckt. Jede Figur muss bis ins Kleinste, bis in ihre weite und breite Vorgeschichte hinein ausgearbeitet sein. Jeder Dialog muss diese Vorgeschichte in der Form der Sprache transportieren. Jeder Konflikt, ob der Große, der das Thema des Films/Buchs ist oder der Kleine, der in jeder einzelnen Szene vorkommen muss, damit sie wirkt, muss schlüssig und vor allem stark sein.
Die Achillesfersen, die Fallhöhen der Figuren, alles muss akribisch ausgearbeitet werden. Das verlangt von der Drehbuchautorin viel, manchmal mehr, als sie kann, daher ist es wichtig, ein kompetentes Team zu haben, das gemeinsam am Drehbuch weiterarbeitet. Darauf insbesondere weist Oliver Schütte immer wieder hin. Nun lässt sich m.E. auch das auf das Schreiben von Romanen übertragen, denn auch hier sollte ein Autor ein Team haben, bestehend aus Testlesern, Hilfen bei Recherchieren durch entsprechend Fachleute, Korrektoren, Lektorinnen bis hin zu den Covergestaltern und Marketingberatern.
Neben dem Kapitel über die Figuren hat mich vor allem der Teil, der sich mit Plot und Handlungsaufbau beschäftigt, fasziniert. Beim Lesen dieses Buches klingt alles ganz logisch und einfach, versucht man es dann selbst, merkt man erst, wie viel Kunstfertigkeit, wie viel Handwerk und wie viel Talent es braucht.
Dieses Buch, ebenso wie das über die Dialoggestaltung, sollte Pflichtlektüre für alle Arten von Autoren und Autorinnen sein.
Oliver Schütte – Die Kunst der Drehbuchentwicklung
Herbert von Halem Verlag, Oktober 2022
Taschenbuch, 246 Seiten, 26,00 €
Schau auch hier: Oliver Schütte – „Schau mir in die Augen, Kleines“ : Die Kunst der Dialoggestaltung