Etwas zu betulich-altmodischer Krimi aus England mit etlichen Mängeln
In diesem von einem englischen Pfarrer geschriebenen Kriminalroman ist der Hobby-Ermittler ein … Pfarrer. Was vielleicht die etwas arg betuliche Erzählweise und die recht ausschweifenden Beschreibungen und Kommentierungen erklärt.
Im beschaulichen Dorf Champton lebt es sich für alle Einwohner einigermaßen angenehm. Viele stehen in irgendeiner Beziehung zum Herrenhaus und der dortigen Familie der de Floures. Deren Archivar ist es auch, den der Pfarrer eines Abends erschlagen in seiner Kirche findet. Doch das bleibt nicht die einzige Leiche.
Der Pfarrer Daniel Clement, der erst seit einigen Jahren im Dorf lebt, zusammen mit seiner Mutter und zwei Dackeln, fühlt sich berufen, nach dem Mörder zu suchen, um seine Schäfchen wieder zu beruhigen. Immer wieder ergeben sich Hinweise, dass die Tat etwas mit dem Herrenhaus zu tun haben könnte, vielleicht im Zusammenhang mit dort während des Krieges untergebrachten französischen Kriegsgefangenen.
Hier sind wir bereits bei einem Aspekt, der mich in diesem Roman ganz furchtbar gestört hat. Man hat keinen Anhaltspunkt, wann die Handlung spielt. Ohne einen solchen Hinweis, beispielsweise im Klappentext oder doch zumindest auf den ersten Seiten, geht jede Leserin davon aus, der Roman spielt in der Jetztzeit. Wäre dies so, müsste jedoch der Pfarrer weit über 80 sein, da er, wie irgendwann erwähnt wird, während des zweiten Weltkriegs geboren wurde. Das sorgt für enorme Verwirrung, wie all die anderen Verweise auf die Kriegszeit. Das ist absolut ärgerlich und vergällt die Lektüre. Erst auf Seite 149 erfolgt mit der Erwähnung eines Eurovision Song Contests und dessen Gewinnerin der allererste Hinweis, dessen zeitliche Einordnung leider aber wieder nicht genannt wird, sondern man muss das selbst recherchieren. Sowas ist sehr ärgerlich und dabei so leicht vermeidbar.
Dazu kommt, dass sich auch die zu erwartende Mordtat erst auf Seite 98 ereignet, vorher gibt es viel Geschwafel und Gerede, viele zwar nette Dialoge, durch welche man die typisch verschrobenen Dorfbewohner kennenlernt, doch für einen Krimi mangelt es viel zu sehr an Spannung.
Daher von mir keine wirkliche Empfehlung für diesen Roman, der stilistisch gar nicht schlecht ist. Dieser Stil wirkt, als wäre auch der Roman zu der Zeit geschrieben, als er spielt, nämlich in den Achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts.
Richard Coles – Der Tote in der Dorfkirche
aus dem Englischen von Sibylle Schmidt
Goldmann, Mai 2023
Taschenbuch, 317 Seiten, 16,00 €