Herrlicher Krimi, voller englischem Spott und französischem Charme
Dieser Roman ist süffig wie Rotwein und spritzig wie Champagner. Er hat alles was ein humorvoller, unterhaltsamer und mitreißender Krimi braucht: Tempo und Witz, französischen Charme gepaart mit englischer Schrulligkeit, knackige und interessante Figuren mit Tiefgang, eine gut aufgebaute Handlung. Dazu diese Dialoge, sie sind einfach nur herrlich, wie oft habe ich herzhaft laut gelacht beim Lesen dieses Buches.
Richard Ainsworth, Mitte 50 und so typisch englisch wie man nur sein kann, möchte eigentlich nur seine Ruhe. Er führt ein kleines Hotel im Tal der Loire und wünscht sich vor allem Gäste, die ihn nicht stören bei seiner Hauptleidenschaft. Diese gehört dem Kino oder vielmehr den Kinofilmen, war er doch früher anerkannter Experte auf diesem Gebiet. Seine zweite Leidenschaft gehört seinen Hennen, die, wie sollte es anders sein, nach weltberühmten Filmdiven benannt sind, wie Ava Gardner oder Joan Crawford.
Doch seine Ruhe wird empfindlich gestört. Alles beginnt mit der Ankunft von Valérie d’Orçay, eine sehr attraktive und sehr selbstbewusste Französin, die in Begleitung ihres winzigen Hundes Passepartout in seinem Hotel Quartier nimmt. Während ein anderer Gast, ein sehr alter Herr namens Grandchamps, plötzlich verschwindet, unter Hinterlassung eines blutigen Handabdrucks an der Wand seines Zimmers.
Richard und Valérie sind wie Feuer und Wasser, sie spritzig, wagemutig, abenteuerlustig, er zögerlich, pessimistisch und eher unwillig, auf eigene Faust nach dem Vermissten zu suchen. Doch „Valérie war die Art von energischer Frau, wie Frankreich sie wie am Fließband produzierte, von keinerlei Zweifel angekränkelt und fest entschlossen, alles unter ihrer Kontrolle zu haben. Richard wirkte ein bisschen orientierungslos oder sogar gequält, wie ein Autofahrer, der falsch herum in eine Einbahnstraße eingebogen ist und nicht weiß, wie er den Wagen wenden soll.“ (S. 111).
Solche prägnanten und ungemein witzigen Vergleiche ziehen sich durch das ganze Buch. Nicht nur deswegen macht die Lektüre einen Heidenspaß, wenn auch manches schon ein wenig absurd ist, wie die unvorhersehbare Einmischung durch die italienische Mafia.
Aber die Figuren sind herrlich geschildert, an der Spitze aller Skurrilität das Ehepaar Martin und Gennie, die ebenfalls ein kleines Hotel betreiben, allerdings mit gewissen separaten Angeboten. Ebenso wunderbar beschrieben Richards Haushälterin Madame Tablier, ein liebenswert-granteliger Charakter, man sieht diese Frau förmlich vor sich.
Trotzdem sind die besten Teile des Romans die Grübeleien Richards, der ständig darüber sinniert, warum er tut, was er tut und was er doch eigentlich viel lieber täte. Dazu kommen die Anrufe seiner erwachsenen Tochter, die stets zu chaotischen Missverständnissen und verunglückten Erklärungsversuchen seinerseits führen.
Man wünscht sich beim Lesen, dass der Roman noch viel mehr als seine 300 Seiten hat. Oder das bald eine Nachfolgeband erscheint, mit Richard und Valérie beim Aufklären neuer Verbrechen.
Uneingeschränkt empfehlenswert, dieser Roman aus der Feder eines britischen Comedians. Kaum zu glauben, dass dies sein erster Krimi ist.
Ian Moore – Mord und Croissants
aus dem Englischen von Barbara Ostorp
rororo, Juli 2023
Taschenbuch, 304 Seiten, 14,00 €