Drei Frauen suchen eine vierte – und gleichzeitig ihren eigenen Platz im Leben
Ein Endling ist das letzte Exemplar einer aussterbenden Art. Von dieser Gefahr des Aussterbens sind im Jahr 2041, der Zeit, in der dieser Roman spielt, viele Arten betroffen, viele sind bereits ausgestorben.
Ich-Erzählerin Zoe ist Biologin und forscht über Insekten. Sie geht auf in ihrem Beruf, hat sich geradezu verbissen in ihr Forschungsprojekt und sieht daher ihre weit entfernt lebende Familie nur selten. Doch als ihre alkoholkranke Mutter in eine Reha muss, ist Zoe gezwungen, heimzukehren. Sie muss sich sowohl um ihre sehr viel jüngere Schwester Hanna wie auch um ihre exzentrische Tante Auguste kümmern.
Hanna ist knapp sechzehn, aufmüpfig, typisch Teenager eben. Auguste ist ebenfalls Wissenschaftlerin und Dozentin an der Universität. Sie hat allerdings schon seit Jahren ihre Wohnung nicht mehr verlassen. Seit ihr Bruder, Zoes und Hannas Vater, an einer Pandemie verstarb. Seither fürchtet sie sich vor Ansteckung und alle, die ihre Wohnung betreten wollen, müssen sich gründlich und umfassend desinfizieren und Schutzkleidung tragen.
Zoe ist entsetzt über die Zustände zuhause und hat ein schlechtes Gewissen, dass sie so lange nicht dort war. Doch gelingt es ihr weder, Hanna zu bändigen, die ebenfalls mehr Alkohol konsumiert, als gut für sie ist, noch Auguste von ihrer Phobie zu heilen.
Da verschwindet Augustes beste Freundin Sophie spurlos. Auch sie ist Wissenschaftlerin, doch forscht sie über Frauen. Frauen werden im Jahr 2041 unterdrückt, haben kaum noch Rechte, dürfen nicht abtreiben, keine Führungspositionen übernehmen und mehr in dieser Art. Sophie hat sich dem nie gebeugt und wurde daher von der Obrigkeit verfolgt.
Auguste will Sophie finden und so begeben sich die drei Frauen gemeinsam auf die Suche. Die Reise führt sie über Italien bis nach Schweden, von gepflegten Weinbergen in die Wildnis der schwedischen Natur.
Der Roman ist fesselnd und spannend, vor allem die Hintergründe, die Beschreibungen der möglichen zukünftigen Zustände, sowohl politisch wie auch für die Natur und die Lebewesen. Das ist erschreckend, beängstigend, gerade auch wegen der Möglichkeit, dass es in der Tat so kommen könnte.
Die Protagonistinnen sind sympathisch und sehr authentisch geschildert. Der Konflikt zwischen Zoe und der sich vernachlässigt fühlenden Hanna ist nachvollziehbar und anschaulich dargestellt. Ein bisschen zu schnell hingegen vollzieht sich für mich die Wandlung Augustes, die ihre Phobie überwinden muss, um die Reise überhaupt antreten zu können.
Ab und zu gleitet der Roman ein wenig zu sehr ins Mystische ab, da verlor ich manchmal den Faden. Die wissenschaftlichen Aspekte, die die Autorin als Kennerin der Thematik einbaut, sind mir etwas zu ausführlich, auch gehören meiner Meinung nach die lateinischen Namen von Insekten und anderen Tieren nicht in einen belletristischen Text.
Das Thema der Behandlung von Frauen, der Mangel an Rechten, wird neben vielen anderen Themen, die der Roman abhandelt, wie Abtreibung, Vergewaltigung, Alkoholismus etc. nicht richtig zu Ende erzählt, auch ist die Geschichte damit etwas überfrachtet an Themen.
Insgesamt aber hat mir der Roman gut gefallen, stilistisch modern, sprachlich abwechslungsreich durch viele spannende Vergleiche.
Jasmin Schreiber – Endling
Eichborn, November 2023
Gebundene Ausgabe, 334 Seiten, 23,00 €