Professioneller und gut recherchierter Thriller um Klimawandel und Ressourcenausbeutung
Auf Grönland tummeln sich diverse Gruppen, die nicht alle mit guten Absichten kommen. Und auch vor Mord nicht zurückschrecken. Darum geht es in diesem spannenden und gut geschriebenen Roman.
Der ein Debütroman ist, was man kaum glauben mag, ist er doch so gut und wirklich hochprofessionell geschrieben, dass man meinen könnte, Roland Muller lege hier seinen zehnten und nicht seinen ersten Thriller vor.
Hauptperson in diesem dramatischen und actionreichen Roman ist John Kaunas, eine mit scharfem Profil und viel Tiefgang gezeichnete Figur. Er ist ein ungemein erfolgreicher Ermittler, doch ein sehr unbequemer Charakter für sein Umfeld, dazu von einer mehr oder weniger gerade überwundenen Alkoholsucht belastet.
Als angeblicher neuer Sicherheitschef eines durchaus umstrittenen Tagebauprojekts auf Grönland, wobei es um sogenannte Seltene Erden geht, soll er den Mord an zwei Mitarbeitern aufklären und weitere Vorfälle verhindern. Verdächtige gibt es etliche, so beispielsweise eine Gruppe von Umweltschützern oder die die Ausbeutung ihrer Natur befürchtenden Bewohner oder auch eine chinesische, sehr geheimnisvoll agierende Gruppe, die auch vor extremer Gewalt nicht zurückschreckt.
John Kaunas dringt immer tiefer in die Zusammenhänge ein, misstraut nahezu jedem und lernt dabei immer mehr über die mystischen Geschichten Grönlands und seiner Ureinwohner. Hier führt ihn vor allem die junge Inuit Aka in diese Mysterien ein, die ihn mit ihrer Familie bekannt macht ebenso wie mit den Gewohnheiten und Traditionen.
Der Roman ist in der Tat sehr spannend, die Ereignisse überschlagen sich, immer wieder gerät auch John selbst in Lebensgefahr, dabei auch immer damit beschäftigt, seine eigenen inneren Dämonen zu bekämpfen. Es ist viel Hintergrundwissen erforderlich, um der Handlung wirklich immer folgen zu können. Der Autor webt diese Informationen aber stets geschickt in den Handlungsfluss ein, ohne dass es die Geduld der Leserin überstrapaziert. Dennoch bremst es natürlich auch die Spannung immer etwas aus, vermittelt gleichzeitig aber hochinteressante Details. Ab und zu wurde es ein wenig zu technisch, ein wenig zu dramatisiert.
Der Schreibstil, die Sprache, das Tempo genau wie die Ausarbeitung der Figuren, die Dialoge, die Landschaftsbeschreibungen und vor allem die Erzählungen der alten Geschichten Grönlands, all das ist dem Autor auf wirklich sehr hohem Niveau gelungen. Dass mich der Roman dann doch nicht vollständig in seinen Bann zog, lag vielleicht an dem sehr technischen Hintergrund, an dem sehr „männlichen“ Plot. Dabei sind die Themen, die Roland Muller aufgreift, hochaktuell.
Ein Fehler, der mich beim Lesen leider sehr genervt hat, sollte allerdings nicht unerwähnt bleiben: Immer wieder wird die Anrede Sie in der wörtlichen Rede falsch geschrieben, und zwar konsequent inkonsequent mal groß (wie es korrekt ist), mal klein (wie es falsch ist), zuweilen innerhalb eines Satzes. Das nervt nicht nur, sondern verwirrt auch, hat das kleingeschriebene sie doch eine völlig andere Bedeutung. Das Korrektorat hat hier offensichtlich nicht aufgepasst, was sehr schade ist, weil solche Dinge nicht nur stören, sondern auch den Eindruck, den man von einem Buch gewinnt, durchaus beeinflussen.
Dennoch gebe ich aus voller Überzeugung eine Leseempfehlung für diesen Roman, für alle, die spannende und thematisch interessante Thriller mögen.
Roland Muller – Eisrausch
Aufbau Taschenbuch Verlag, August 2024
Taschenbuch, 334 Seiten, 12,00 €