Schon wieder ein Roman über Mütter, mit nicht ganz überzeugender Erzählweise
Im Ansatz eine interessante Geschichte, mit dem Stil, in welchem sie umgesetzt wurde, wurde ich allerdings nicht warm. Vier Frauen, Nachbarinnen in einem Mehrfamilienhaus in Berlin, hadern auf die eine oder andere Weise mit ihrem derzeitigen Leben. Dabei hat die eine mehr, die andere eher weniger Grund dazu.
Und es geht schon wieder um Mütter – offensichtlich ein derzeit sehr populäres Thema in der Bücherwelt. Die vier Protagonistinnen, aus deren jeweiliger Perspektive der Roman erzählt, sind Vera, Frederike, Tanja und Jenny.
Vera ist bei weiten die Älteste, eine Kriminalschriftstellerin (wie die Autorin des Romans selbst auch). Ihre Tochter ist längst erwachsen und lebt in New York. Doch auch Vera mutiert in gewisser Weise wieder zu einer Mutter mit einem zu betreuenden Kind, denn ihr Mann ist, seitdem ein Aneurysma in seinem Gehirn platzte, behindert, wenn auch noch kein wirklicher Pflegefall.
Tanja ist Mutter dreier Kinder, alleinerziehend, unkompliziert, stets gut gelaunt. Sie arbeitet als Kellnerin und liebt Dylan, einen irischen Musiker, der allerdings mehr durch Abwesenheit glänzt.
Frederike lebt seit kurzer Zeit zusammen mit Thomas, der schon länger in diesem Haus wohnte. Sie haben einen kleinen Sohn, Frederick, der ständig krank ist, Krampfanfälle hat. Sie hält sich für die Einzige, die weiß, was ihm guttut. Außerdem hat sie Angst vor ihren Eltern, besonders vor ihrem Vater, die immer wieder ihren Besuch ankündigen.
Und Jenny schließlich hat nichts anderes im Kopf als unbedingt und sofort schwanger zu werden. Alles dreht sich für sie um dieses Thema, sie ist wie besessen davon, spricht von nichts anderem, quält ihren Freund zu den fruchtbaren Tagen mit ihr zu schlafen und glaubt stets bereits am nächsten Tag zu spüren, dass es diesmal geklappt hat.
Vera ist diejenige, die immer wieder versucht, mit ihren Nachbarinnen in Kontakt zu treten. Sie lädt sie ein, sie spricht mit ihnen. Während Jenny und Tanja darauf eingehen, zieht sich Frederike eher zurück, bleibt ablehnend, verschlossen.
Immer wieder wechseln die Perspektiven, werden die Ereignisse mal aus der Sicht der einen, mal aus der einer der anderen Frauen erzählt. Dies in Ich-Form und so nah in der jeweiligen Figur, dass man quasi mit ihr gemeinsam erlebt, was geschieht. Man folgt ihren aktuellen Gedanken, als wäre man in ihr drin. Bei Frederike wird so getan, als schreibe sie Tagebuch, bei den anderen ist man direkt in ihren Köpfen.
Das irritiert, das ist gewöhnungsbedürftig. Es fiel mir schwer, damit warm zu werden, zumal dort, wo ich die Gefühle der Figur nicht nachvollziehen konnte, wo sie mich teils eher abstießen, wie z.B. die Besessenheit von Jenny. So hat das Thema des Romans durchaus Potenzial, wenn auch vieles abgedroschen ist und thematisch zu oft auserzählt wurde. Aber die Umsetzung konnte mich nicht überzeugen, statt, wie sicher beabsichtigt, mich näher an die Figuren heranzuführen, stieß sie mich eher von ihnen ab. Warm wurde ich mit keiner der Protagonistinnen, außer vielleicht Tanja, die von allen die natürlichste, authentischste war.Und diejenige, die wirklich reichlich Probleme hatte und dennoch am wenigsten jammerte.
Ein Roman, der durchaus Spannungsmomente hat (auch wenn man vieles bald ahnt), der aber wenig Neues erzählt.
Ella Danz – Nachbarinnen
gmeiner, September 2024
Taschenbuch, 313 Seiten, 18,00 €