Bist du abergläubisch? Ich schon. Also nicht so, dass ich vor jeder schwarzen Katze Angst hätte (wäre ja auch blöd, wo eine mich bei sich wohnen lässt und grade neben meiner Tastatur liegt). Aber doch so, dass ich daran glaube, dass man zum Beispiel Unglück herbeireden kann. Also so nach dem Motto: „Beschrei es nicht!“ Oder dass es Unglück bringt, über etwas zu reden, bevor es spruchreif ist.
Und das wäre doch der Fall, würde ich der ganzen Welt kundtun, dass und was ich schreibe. Oder? Oder würde das vielleicht sogar eher Glück bringen?
Genau das ist hier die Frage: reden oder nicht reden? Nämlich darüber, dass wir einen Roman schreiben, ein Sachbuch, eine Anthologie, was auch immer. Und worum es dabei geht, welche Fortschritte wir machen oder eher nicht machen und so weiter.
Gut und schlecht
Ich glaube, dass es auf diese Frage, wie auf so viele, eine ganze Menge ganz unterschiedliche Antworten gibt. Fangen wir mal mit den Antworten an, die mit Nein beginnen:
Nein, es ist besser nicht darüber zu reden, denn das kann dazu führen, dass man ständig danach gefragt wird, dass man sich gedrängt fühlt. Im schlimmsten Fall wird die Autorin oder die, die sich dafür hält, sogar ausgelacht oder verhöhnt, wenn sie zugeben muss, dass sie nicht vorankommt oder gar ihr Projekt längst aufgegeben hat. Und natürlich gibt es auch solche Zeitgenossen, die mit ihrem ungebetenen Rat nicht hinter dem Berg halten, sich ständig einmischen und/oder alles besser wissen, alles schon längst viel besser formuliert haben. Oder die wohlmeinenden Lieben, Familie zumeist, die sich berufen fühlen, zu trösten, zu ermutigen und damit lediglich einen ständig vom Schreiben abhalten und ablenken.
Alles keine Argumente? Was spricht also für das Reden?
Ja, natürlich musst du über dein aktuelles Schreibprojekt sprechen. Tue Gutes und rede drüber, so heißt es doch. Und selbstverständlich wird dein Buch gut werden. Besonders weil du dir Ansporn holst, Ermutigung, Hilfe gar, zum Beispiel bei Recherchen, Verständnis für die Zeit, die du ungestört in deiner Schreibecke in die Tasten hämmern musst. Und wird nicht auch gerade dadurch dein innerer Schweinehund zum Schweigen gebracht, weil die anderen lauter sind als er, mit kräftigerer Stimme als er Zuspruch geben statt dich zu demoralisieren? Dich motivieren und dir helfen, die nötige Disziplin aufzubringen?
Für alle gleich?
Nun ist das natürlich sehr abhängig von unserer Persönlichkeit, davon wie jede Einzelne von uns mit Druck von außen, mit Antrieb und Ansporn umgeht. Und das hat nun sicher gar nichts mit Aberglauben zu tun, würde ich behaupten. Aber wirkt das nicht auch ähnlich in vielen anderen Dingen? Denn wenn ich jemandem von meiner Tätigkeit erzähle, sei es eben von dem Roman, an dem ich schreibe oder von dem Haus, das ich baue (vielleicht ein etwas hinkender Vergleich, ich weiß), dann bringt mich das doch einigermaßen in Zugzwang. Das hat was von Termindruck, von letzter Minute, ohne die bekanntlich nie etwas fertig werden würde.
Ist schon klar, oder? Sagen wir mal, du triffst eine Freundin so alle paar Monate und sie weiß von deinem Schreibprojekt. Wenn sie eine gute Freundin ist, dann interessiert sie sich für all das, was dich interessiert. Und somit wird sie zwangsläufig bei euren Treffen fragen, wie weit du gekommen bist, ob du noch an der Rohfassung arbeitest, ob du mit deinem Text zufrieden bist und – schlimmstenfalls – ob sie auch mal ein Stück davon lesen dürfe. Nun reagiert darauf ja jede anders, aber für mich würde das automatisch dazu führen, dass ich entweder vor dem Treffen, wenn noch nicht geschehen, mindestens 100 Seiten tippen würde, um ihr etwas zeigen zu können oder ich fände eine Ausrede und käme gar nicht erst zu dem Treffen. Und du? Welche Wirkung würde das bei dir erreichen?
Also ja oder nein?
Wie du siehst, wirst du deine eigenen Schlussfolgerungen daraus ziehen müssen. Wenn du ohnehin der disziplinierte Typ bist, der jeden Tag seine mindestens 20 Seiten schreibt und das, ohne jedweden leichten oder starken Druck von außen zu benötigen, dann brauchst du vielleicht niemandem von deinem Schreiben zu berichten. Und stellst am Ende alle vor vollendete Tatsachen, wenn dein Buch erfolgreich veröffentlicht ist.
Wenn du aber eher so bist wie ich, die zwar unglaublich gerne schreibt, aber ausgesprochen gut ist im Prokrastinieren, dann könnte so ein gewisser Zwang, ein leichter bis mittelschwerer Antrieb durch Andere genau das sein, was du brauchst, um, s.o., dein Buch erfolgreich zu veröffentlichen.
Und wenn, dann mit wem?
Nur, und das ist ein nicht zu ignorierender Aspekt, solltest du dabei genau darauf achten, wem du von deinem Buch berichtest. Dabei kann ich dir allerdings leider nicht helfen.
Es macht nämlich natürlich einen erheblichen Unterschied, mit wem du über dein Romanprojekt, dein Sachbuch etc. sprichst. Ehe- oder sonstige Partner, Eltern, Kinder und so weiter sind sicher (hoffentlich) (mehr oder weniger) interessierte Zuhörer. Aber sie sind mit Sicherheit nicht objektiv, sie wollen dir nicht wehtun mit ihrer Kritik, sie möchten dich nicht entmutigen und also finden sie deine Elaborate sicherlich meistens gut und richtig. Für Freunde, weitere Verwandte und engere Bekannte gilt das vermutlich in ähnlichem Maß. Für alle trifft übrigens zu, dass sie in der Regel auch nicht selbst schreiben, vermute ich jedenfalls mal, und von daher zwar sicher gutgemeinte, aber oft nicht sehr zielführende Ratschläge erteilen. Aber wie sieht es also aus mit anderen Autoren? Führt uns diese Diskussion nicht automatisch dahin? Dass wir nämlich nicht mit irgendwem, sondern mit anderen Autoren, die unsere Dilemmata, unsere Qual und unsere Gefühle beim Schreiben kennen und nachempfinden können, über unsere Texte sprechen. Diese Gespräche sind aber wieder nur dann hilfreich, wenn Kritik auch wirklich kommt und diese konkret, konstruktiv und ehrlich ist. Das ist aber ein Thema für einen neuen Blogbeitrag.