Heute geht es im Blog um eine tolle Erfahrung, die ich in den letzten Wochen machen durfte. Vielleicht hast du ähnliches ja ebenfalls bereits erlebt.
Mich erreichte neulich die freudige Nachricht, dass eine Kurzgeschichte von mir für eine Anthologie angenommen wurde. Ja, schon wieder, aber ich freue mich jedes Mal genauso sehr darüber wie beim ersten Mal.
Doch dann wurde die Freude noch gesteigert. Der Verlag fragte an, ob ich in sein Lektorenteam eintreten wolle und einige der ausgewählten Texte gemeinsam mit den jeweiligen Autor:innen überarbeiten wolle.
Und wie ich wollte. Und wie bereichernd und lehrreich das für mich war.
Es war viel Arbeit, keine Frage, aber ich habe so viel dabei gelernt. Vor allem, weil ich gleichzeitig beide Seiten erlebte, denn natürlich durchlief meine eigene Geschichte ebenfalls ein Lektorat. Ein sehr lieber Autorenkollege beschäftigte sich mit meinem Text und bewies wieder einmal: Vier Augen sehen mehr als zwei (vor allem, wenn es die eigenen zwei Augen sind…)
Wie hilfreich, konstruktiv und natürlich vor allem verbessernd für meine Kurzgeschichte seine Hinweise, Ratschläge und Anmerkungen waren. Das hatte ich ähnlich schon mehrfach in der Vergangenheit erfahren dürfen, wenn meine Texte bei verdichtet. at oder in Ausschreibungen angenommen wurden. Denn die meisten Verlage bieten dies an, bevor die eingereichten Texte veröffentlicht werden. Dieses Angebot nehme ich jedes Mal sehr gerne an, denn von einem solchen Lektorat kann meine Geschichte nur profitieren und ich natürlich auch.
Dennoch gibt es immer wieder Schreibende, die sich der Überarbeitung, den Tipps und Anregungen von Lektorierenden verweigern. Das ist ihr gutes Recht, und schließlich steht ihr Name über oder unter dem Text. Doch verstehen kann ich es oft nicht, es gibt in meinen Augen immer die eine oder andere Stelle, die es wert ist, überarbeitet zu werden.
Und nun durfte ich also das umgekehrte Vorzeichen erleben, ich als Lektorin in enger Zusammenarbeit mit den Autorinnen (es handelte sich tatsächlich um acht Autorinnen und nur einen Autor). Die Geschichten, die ich lektorieren durfte, waren schon von Anfang an sehr gut. Fast hätte mich der Neid gepackt, so fesselnd und kreativ waren manche.
Die Zeit, die ich damit verbrachte, die Texte durchzuarbeiten, über Stellen, die ich für verbesserungsbedürftig hielt, nachzudenken und Vorschläge zu ersinnen, wie man es anders ausdrücken könnte, war gut investiert. Die Autor:innen waren offen für meine Anregungen und gleichzeitig von ihrem eigenen Werk doch auch ausreichend überzeugt, um die Stellen, die sie nicht ändern wollten, gegen meine Vorschläge zu „verteidigen“. So soll es sein und so ist es auch für mich: wenn ich eine Formulierung, einen Satz in meiner Erzählung besonders gelungen finde, wenn dieser Satz genau so genau das zur Leserin transportiert, was ich damit ausdrücken will, dann belasse ich ihn, trotz der gut gemeinten Änderungsvorschläge meines Lektors. Denn am Ende ist jede Autorin und jeder Autor für den eigenen Text verantwortlich.
Am Ende haben wir alle, die Verfasser:innen der Wettbewerbsbeiträge und ich als ihre Lektorin von der Arbeit an den Texten profitiert. Ich lernte viel von ihnen und sie vielleicht das eine oder andere auch von mir. Zumindest hoffe ich das und schließe es ein wenig aus ihrem Dank, der mich im Anschluss erreichte und über den ich mich besonders gefreut habe.
Für mich waren diese Wochen der erneute Beweis – auch wenn ich ihn für mich nicht brauchte – dass jede Überarbeitung ein Gewinn ist. Und jede Investition in ein Lektorat ist eine gewinnbringende.