Es tut mir wirklich sehr leid, aber zu diesem Buch fällt mir absolut nichts positives, nichts lobenswertes ein. Normalerweise finde ich immer ein gutes Korn, auch in dem schrecklichsten Roman. Doch hier blieb die Suche danach erfolglos. Dennoch gibt es natürlich mit Sicherheit Leserinnen, die von dem Roman der erfolgreichen, mir bislang jedoch unbekannt gewesenen Autorin begeistert sind. So verschieden sind eben die Geschmäcker.
Der Roman – es handelt sich, so der Klappentext, um die wahre Geschichte der Großmutter von Alexa Hennig von Lange – enttäuscht auf ganzer Linie. Inhaltlich fragwürdig, historisch bedenklich und stilistisch eine Zumutung.
Klara, so der Name der Protagonistin, beginnt aus unerfindlichen Gründen im Alter von fast hundert Jahren, ihre Lebensgeschichte auf Kassetten zu diktieren. Sie beginnt ihren Bericht im Jahr 1929, an dem Tag, an dem sie ihre Stelle als Hauswirtschaftslehrerin an einem Kinderheim für kranke Kinder oder solche aus problematischen Verhältnissen antritt. Klara ist eine junge Frau, legt aber das Benehmen einer verknöcherten, verklemmten und besserwisserischen Matrone an den Tag. Dennoch wird sie bei den Kindern und den Kolleginnen beliebt sein.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten und dem Tod der Leiterin wird Karla zur Chefin im Heim. Während sie für die Erhaltung des Heims trotz der finanziellen Schwierigkeiten kämpft, kümmert sie sich gleichzeitig um ein kleines Waisenmädchen, das im Heim abgegeben wurde. Tolla, so der Name des Kindes, ist jüdisch. Und Karla wird damit nicht umgehen können.
Im Laufe der Zeit kommt natürlich noch ein junger Mann ins Spiel, es geht viel darum, wie Karla sich mit den Nazis arrangiert. Sie ist naiv, besitzt große Verdrängungsmechanismen, alles, was sie nicht unmittelbar betrifft, wird ausgeblendet.
Zwischen die sehr langen Rückblicke sind immer mal wieder sehr kurze Sequenzen mit der alten Karla eingefügt, die für die Handlung nicht nötig und daher eher störend sind.
Die gesamte Geschichte, mag sie sich auch so tatsächlich zugetragen haben, ist mir zu schönfärberisch, zu heroisierend. Die Figur der Karla bleibt mir durch das ganze Buch hindurch unsympathisch, ihre Handlungen kann ich nicht nachvollziehen. Wobei man gerechterweise nicht vergessen darf, dass wir mit unserem heutigen Wissen auf das damalige Agieren schauen.
Stilistisch aber ist der Roman für mich einfach nur schlimm. Zum einen verwendet die Autorin viel zu viele Adjektive und schöpft dafür offensichtlich aus einem sehr begrenzten Fundus, denn es sind immer wieder dieselben. Dann wiederholt sich vieles immer wieder, es gibt reichlich sachliche Fehler und vor allem sehr schiefe Bilder. Ein Beispiel ist die Beschreibung, dass „Karla im Stechschritt durch die Stadt läuft“. Man möchte sich das nicht vorstellen. So etwas kommt immer wieder vor und verleidet die Lektüre.
Nochmal, es tut mir leid, aber an diesem Roman kann ich kein gutes Haar erkennen. Die historische Aufarbeitung der, immerhin angeblich wahren Ereignisse, fehlt mir, der Inhalt lässt extrem zu wünschen übrig was Plot und Spannung angeht und über die stilistischen Mängel habe ich schon gesprochen.
Das Buch soll der erste Band einer Trilogie sein. Die beiden nächsten Bände werde ich sicher nicht lesen.
Alexa Hennig von Lange – Die karierten Mädchen
DuMont, August 2022
Gebundene Ausgabe, 367 Seiten, 22,00 €