Ein verschlafenes Dorf im Westerwald namens Scholmerbach in den 80er Jahren. Die junge Anna, unglücklich in ihrem Beruf als Polizistin in Darmstadt und unglücklich in ihrer Liebe zu einem verheirateten Kollegen, kommt nach Hause in ihr Dorf und begegnet auf dem Feuerwehrfest dem verboten attraktiven Pfarrer aus dem Nachbardorf. Was daraus entsteht und wie dies das Leben etlicher Menschen auf Dauer verändert, darum geht es in dem neuen Roman von Annegret Held.
In Ich-Form erzählt Anna von den Ereignissen damals, erzählt sie jemandem, dessen Identität man ahnt, die aber wirklich enthüllt wird erst am Ende des Buchs. Anna ist eine recht zerrissene junge Frau, einerseits fest verwurzelt in ihrem Dorf, in dem Umfeld, in welchem sie aufwuchs. Andererseits zieht es sie weg. Daher arbeitet sie in Darmstadt, hat sich auf eine andere Stelle in Frankfurt beworben. Doch die Arbeit bei der Polizei ist nichts für sie, sie kündigt und bewirbt sich erfolgreich um einen Studienplatz in Heidelberg, wovon sie immer geträumt hatte. Dort zieht sie in eine WG mit anderen Studentinnen, gleichzeitig pflegt sie eine innige Freundschaft mit Thea, eine jungen Mutter aus Scholmerbach.
Besonders diese beiden Frauen teilen ihre Geheimnisse, derer es einige gibt, und helfen sich gegenseitig, machen sich Mut, trösten sich. Vor allem nachdem Annas Verhältnis zu dem jungen, gut aussehenden Pfarrer Folgen hat, und das, obwohl er verheiratet ist und bereits drei Kinder hat.
Von diesen Folgen vor allem, vom Umgang damit und der Reaktion darauf im Dorf und in Annas Familie handelt der Roman vorrangig. Erzählt ist es in einer lapidaren, lakonischen Sprache, mit Witz und Tempo. Anna nimmt sich selbst und ihre Probleme, so scheint es, nicht so ernst, lässt sich von ihren Sorgen nicht vom Genuss des Lebens einer jungen Frau abhalten.
Annegret Held schreibt so, dass man meint, die Protagonistin sprechen zu hören, so lebendig, so locker-flockig ist der Stil des Romans. So unterhaltungsreich wie das Dorfleben in Scholmerbach, so unterhaltsam ist auch der Roman. Dennoch wirkt es manchmal ein wenig zu locker, zu unbekümmert. Dafür aber gelingt es der Autorin hervorragend, den Zeitgeist der 80er Jahre auferstehen zu lassen. Ihre Beschreibungen von Kleidung, Musik, Verhalten der jungen Menschen, von den Differenzen zwischen den Generationen und den damals aktuellen politischen Verhältnissen, bringen all das zurück. Und das ist es, was mir besonders gefiel an diesem Roman, der mich dagegen von der Handlung her nicht so recht überzeugte.
Annegret Held – Das Verkehrte und das Richtige
eichborn, Februar 2022
Gebundene Ausgabe, 367 Seiten, 22,00 €