Dass ich die ersten Bände dieser Reihe verpasst habe, ist zwar schade, doch man kann den neuen Roman auch ohne Vorkenntnisse verstehen. Und genießen.
Crysta Winter, Autorin aus Niedersachsen, erschafft den Enkel des berühmten Privatdetektives Hercule Poirot. Sie nennt ihn Achille Perrot. Er steht in Sachen Spürnase und scharfem Blick seinem Vorfahren in nichts nach.
In Begleitung seines Freundes, Inspector Jeff, reist Perrot nach England, genauer nach Dartmoor. Dort wollen sie eine Tante des Inspektors besuchen, treffen sie jedoch nicht an. Mysteriöse Dinge ereignen sich nun, in welche alle Bewohner des Dorfes, in dessen Nähe Tante Trudy wohnt, verwickelt zu sein scheinen. Eine nicht unwichtige Rolle spielen dabei ein altes Motorrad mit Beiwagen, ein mystischer Vogel, dessen Existenz nicht gesichert ist und etliche Geheimnisse aus der Vergangenheit.
Natürlich gelingt es Perrot im Laufe des Romans, die Dinge aufzuklären. In der gleichen Manier wie sein Großvater bringt er am Ende der Ereignisse alle Involvierten unter einem Dach zusammen und zeigt ihnen Schritt für Schritt, wie er zu seinen Erkenntnissen gelangte und wohin sie führten.
Es ist bewundernswert, wie es Crysta Winter gelingt, den Stil Agatha Christies nachzuempfinden. Die Figur des Achille Perrot scheint ein echter Klon des kauzigen und beeindruckenden Hercule Poirot zu sein. Pointierte Dialoge und spleenige Affektiertheiten stehen Perrot ebenso gut zu Gesicht wie Poirot.
Geschliffene Gespräche, voller vager Andeutungen und meist mehr verwirrend als erhellend, ziehen sich durch den gesamten Roman. Das führt allerdings dazu, dass die Spannung sehr leidet, dass die Leserin den Ereignissen kaum folgen kann, da die Handlungsabläufe ein wenig erratisch sind. Auch dauert es bis weit nach Seite 100, bis überhaupt ein Verbrechen oder auch nur ein mutmaßliches geschieht. Dass dann die Erkenntnisse, die Perrot am Ende des Buches verkündet, völlig überraschen, weil dieser während der Ereignisse niemanden an seinen Gedankengängen teilhaben lässt, enttäuscht die Leser, die bei der Lektüre gerne selbst Ermittler spielen möchten.
Stilistisch ist dieser Roman unbedingt brillant, zumal dieser Stil tatsächlich bis zum Ende ohne Brüche durchgehalten wird. Hinsichtlich Spannung und Plot wäre ein wenig Straffung hilfreich gewesen.
Ein Lesevergnügen ist der Roman dennoch.
Crysta Winter – Trudy
Krimi Edition Rutenmühle, März 2023
Taschenbuch, 265 Seiten, 13,80 €