Was nützt ein interessanter, vielleicht sogar etwas spannender Plot, wenn der Schreibstil einfach nur schlimm ist? Dann macht die Lektüre eines Romans schlicht keine Freude.
So im vorliegenden Buch, dessen Handlung sich in den Nachkriegsjahren zuträgt. Es geht um eine junge Frau, die unerwartet zur Miss Würzburg – in dieser Stadt spielt der Roman – gewählt wird. Wie immer in solchen Fällen ergibt sich für die Betreffende daraus einiges an Möglichkeiten. Sie wird zu Modenschauen eingeladen, muss für Werbung zur Verfügung stehen und vieles mehr. Dies bedeutet Reisen, Trennung von der Familie, andererseits aber auch ein nicht zu verachtendes Einkommen.
Dies alles trägt sich zu für die junge Luisa, die mit ihrer Mutter im zerstörten Würzburg lebt. Kurz nach dem Krieg heiratet sie ihre Tanzstundenliebe Hannes, eine Tochter wird bald darauf geboren. Hannes, mehr oder weniger erfolgreicher Theaterschauspieler, kommt nicht gut klar mit dem Erfolg seiner Frau. Hinzu kommt eine Erkrankung des Kleinkindes, was Luisa das Reisen zusätzlich schwer werden lässt. Es kommt, wie es kommen muss. Hannes sucht anderweitig Ablenkung und Bestätigung, auch Luise denkt oft an einen anderen Mann, den sie vor Jahren traf.
All das könnte, insbesondere aufgrund des Zeitkolorits, fesselnd und interessant sein. Jedoch ist der Roman in derart süßlichem, pathetischen Stil geschrieben, dass man fast an Courths-Mahler oder Marlitt erinnert wird.
Dies ist der erste Roman dieser Autorin, den ich gelesen habe, daher weiß ich nicht, ob sie immer so schreibt oder nur in diesem Buch, vielleicht, weil sie meint, es passe zur erzählten Zeit. Immerhin liefen damals genau solche Filme, kitschige Heile-Welt-Schmonzetten, in den Kinos. Daran fühlt man sich erinnert bei der Lektüre des Romans.
Es mag Leserinnen geben, die solche Art des Schreibens mögen, und sicher nicht wenige, wenn man sich die regelmäßigen Quoten der Sonntagabend-Dramoletten im ZDF ansieht. Aber ein gewisses Niveau darf man doch auch in solchen Romanen erwarten. Wenn jedoch die Heldin beispielsweise „… andachtsvoll eine Brücke überquert“, dann ist das fast unerträglich, ebenso wie der inflationäre Gebrauch von Gerundien. Jeder Anfänger als Autor lernt, diese möglichst zu vermeiden. Und bei Sätzen wie diesem: „Wehmütig lächelnd strichen meine Hände über die altvertrauten Gegenstände und Möbel“ (S.46) fragt man sich, wo das Lektorat war. Leider klingt es so oder ähnlich im gesamten Buch.
Wie gesagt: wer so etwas mag, hat an diesem Roman vielleicht seine helle Freude. Für meinen Geschmack war es schlechter Schreibstil und übermäßiger Kitsch.
Eva-Maria Bast – Miss Würzburg
gmeiner, Februar 2022
Taschenbuch, 313 Seiten, 15,00 €