Jeanette Limbeck – Die Farben der Revolution

⭐⭐⭐⭐⭐

Fesselnder Schmöker um zwei faszinierende historische Figuren in dramatischer Zeit

Selbst wenn mich gerade diese Epoche und dieses Land rund um die Ereignisse der Französischen Revolution nicht ohnehin schon immer sehr interessiert und beschäftigt hätten, hätte dieser absolut gelungene Roman mich trotzdem in seinen Bann ziehen müssen.

Denn die sehr fähige Autorin, deren Vorgängerbuch „Die Fliegerinnen“ mir bereits ausnehmend gut gefiel, schafft es, in ihrem Roman über die Liebe zwischen einer der prägendsten Gestalten dieser Zeit, Maximilien Robespierre, und seiner Verlobten, Eléonore Duplay, alles zu vereinen, was ein gutes Buch ausmacht.

Da sind zum einen die historischen Hintergründe, die allein für sich schon eine fesselnde Geschichte darstellen, die trotz umfangreicher Analysen bis heute noch Fragen offen lassen und die vor allem eine der weitreichendsten Umwälzungen in der europäischen Historie bedeuteten. Und da sind zum anderen die handelnden Menschen, die in dieser unruhigen Zeit agierenden Politiker, die Künstler, Maler, Schriftsteller, die verschiedenen Klassen, Adelige, Bürger, Handwerker und die Männer und Frauen. Jede Gruppe für sich und alle zusammen treten in diesem fesselnden Roman auf, jede einzelne Figur hat ihre Rolle in diesem Drama.

Vor allem aber natürlich Eléonore, die uns ihre Geschichte in Ich-Form konsequent aus ihrer eigenen Perspektive schildert. Und diese Perspektive ist das Wichtige, das Entscheidende in diesem Geschichte einer mutigen, einer ungewöhnlichen Frau. Denn Eléonore kämpft nicht nur für die Republik, für die Abschaffung der Monarchie und des Adels, für gleiche Rechte für alle Bürger.  Ganz besonders und mit hohem persönlichem Einsatz kämpft sie für die Rechte der Frauen. Denn Frauen hatten kein Wahlrecht und das war in der neuen Verfassung, die nun entstehen sollte, auch nicht vorgesehen. Frauen hatten Heim und Kinder zu versorgen, Verstand wurde ihnen abgesprochen. Kämpften sie, beharrten sie auf ihrem Mitspracherecht, wurden sie verunglimpft, verhaftet, verurteilt.

Frauenrechte, die Gleichberechtigung der Frauen scheinen das vornehmliche Thema der wirklich sehr begabten Autorin zu sein, denn auch schon in „Die Fliegerinnen“ hat sie das thematisiert, in der Schilderung der Ungleichbehandlung der russischen Kampfpilotinnen im zweiten Weltkrieg im Vergleich mit ihren männlichen Kollegen. Auch dort hat Jeanette Limbeck geschickt und gelungen die historischen Ereignisse mit mehreren Frauenschicksalen verknüpft und so erlebbar gemacht.

Die Handlung in ihrem neuen Roman erstreckt sich über vier Jahre und berichtet die Ereignisse der Jahre 1791 bis 1795. Die Republik sollte entstehen, doch die Handelnden waren sich uneins über den Weg dorthin. Es gab viele Auseinandersetzungen, kriegerische an den Grenzen und in den Provinzen, wie wortreiche im Parlament. Viele verschiedene, gegensätzliche Interessen prallten aufeinander und inmitten dieses Chaos, in welchem ein falsches Wort zur falschen Zeit, eine aus der Luft gegriffene Verdächtigung schnell zu Verhaftung, Verurteilung und Hinrichtung führen konnte, steht Robespierre. Er wohnt im Hause Duplay und begegnet so Eléonore. Beide sind schnell gleichermaßen voneinander beeindruckt und angezogen, doch er, der sie aufrichtig liebt, zweifelt an einer gemeinsamen Zukunft.

Eléonore, die trotz ihrer Liebe auch immer wieder heftig mit ihm über Politik, Frauenrechte und über seine Pläne streitet, ist Malerin mit Leib und Seele, auch wenn sie sich Zeit und Mittel für ihre Passion mühsam erkämpfen muss. Sie erschafft Porträts von Robespierre, Gemälde der Revolution im damals üblichen antiken Stil. Doch auch auf diesem Gebiet haben Frauen viel weniger Chancen und Möglichkeiten als Männer, was ihr immer wieder schmerzhaft klar wird.

Der Roman zieht von der ersten Seite in die Geschichte hinein, man folgt atemlos den Geschehnissen. Doch oft war ich verwirrt, zu viele Akteure treten auf, all  die Politiker, Journalisten, Künstler, die um Robespierre herumschwirren, die mal mit Vor-, mal mit Nachnamen genannt werden, so dass ich immer wieder mal den Überblick verlor. Da half durchaus das Glossar am Ende des Buches, wo sich auch eine Liste der auftretenden Personen findet. Allerdings wäre es noch besser gewesen, diese alphabetisch aufzuführen, des leichteren Auffindens wegen, statt in der Reihenfolge ihres Auftretens.

Den Einstieg in den Roman bildet eine Szene in der heutigen Zeit, in der eine „sie“  – vermutlich meint die Autorin hier sich selbst – ein Gemälde von Eléonore Duplay entdeckt, solcherart  auf die Protagonistin aufmerksam wurde und so wohl die Idee zum Roman entstand. Auch dass dies am Ende wieder aufgegriffen wird, ist okay. Nur zwischendrin das einmal wieder einzufügen, macht in meinen Augen herzlich wenig Sinn, es irritiert sehr und reißt aus der eigentlichen Handlung raus.

Ein absolut empfehlenswerter Roman, greift er doch nicht nur historisch interessante Zeiten auf, sondern lässt eine faszinierende Frauenfigur aus der Vergessenheit heraustreten und erzählen.

Jeanette Limbeck – Die Farben der Revolution
Knaur, Februar 2025
Gebundene Ausgabe, 463 Seiten, 25,00 €


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