Über eine Dating-App gerät Protagonistin Wren an Adam, einen Mann, der genau ihren Wunschvorstellungen entspricht und in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Doch plötzlich ist er verschwunden und ein Detektiv steht vor ihrer Tür, auf der Suche nach dem Mann, den sie in ihr Leben gelassen hat.
So die Ausgangssituation dieses Romans, der weniger ein Thriller als ein schlichter Krimi ist. Denn die gesamte Geschichte dreht sich darum, wer dieser Adam ist und warum er tut, was er tut. Der Detektiv Bailey informiert Wren, dass bereits drei Frauen spurlos verschwunden sind, die sich, so der Verdacht, vorher mit besagtem Adam, der allerdings offensichtlich viele Identitäten verwendet, trafen.
Wren, die als sogenannte Briefkastentante arbeitet und so viele Geschichten vieler gequälter Menschen kennt oder zu kennen glaubt, hat selbst eine sehr schwere Kindheit hinter sich. So hinter sich, dass auch sie sich eine neue Identität verschafft hatte, allerdings mit behördlicher Genehmigung. Adam war der erste Mann, dem sie sich langsam öffnete. Und dem sie vertrauen möchte, weshalb sie auf eigene Faust auch versucht, ihn zu finden. Was sie natürlich in große Gefahr bringt.
Soweit die Geschichte, die ein bisschen zäh und langatmig erzählt wird und erst nach etwa 150 Seiten die Leserin erreicht. Dann zieht sie hinein, entwickelt eine, wenn auch nicht sehr große, Spannung, dafür aber doch einen gewissen Sog, so dass man weiter liest, weil man schlicht wissen möchte, was am Ende die Auflösung ist. Leider lässt dieser Sog gegen Ende dann erheblich nach, wird der Plot unglaubwürdig und werden zu viele verschiedene Stränge verwoben.
Auch die sehr breit ausgewalzten Lebensgeschichten der verschwundenen Frauen, die selbst ansonsten gar keine Rolle in der Handlung spielen, hätte es nicht gebraucht. So verquickt die Autorin zu viele Dinge, die Rückblenden auf die Kindheit der Protagonistin sind zwar ebenfalls fesselnd und spannend, aber wenig geheimnisvoll, man ahnt, worauf es hinausläuft. Und schließlich ist die Protagonistin nicht sehr sympathisch, sie wirkt kalt und emotionslos und viele ihre Handlungen sind nicht nachvollziehbar oder logisch.
Soviel zum Plot. Ganz fürchterlich gestört aber hat mich der Dreh der Autorin, die in Ich-Form erzählende Hauptfigur ständig den verschwundenen Adam mit Du anzusprechen. Das nervt binnen ganz kurzer Zeit, zumal sie ihm quasi immer wieder Dinge erzählt, die er weiß, die er selbst tut, was das Ganze völlig absurd macht: „Du küsst mich, deine Hand auf meiner Hüfte …“. (S. 41). Es ist sicher Geschmacksache, ob man diese Erzählform mag oder nicht, hier hat sie meines Erachtens auch überhaupt nicht zum Plot gepasst.
Lisa Unger – Das makellose Mädchen
aus dem Amerikanischen von Anke Angela Grube
Lübbe, Januar 2023
Taschenbuch, 446 Seiten, 12,00 €