Mystisch-magische Geschichte über das Leben und den Glauben an Veränderung
Es gibt Bücher dieses Autors, die ich wirklich liebte, die mich berührten und in Traumwelten entführten. Auch dieser neue Roman um die pensionierte Mathematiklehrerin Grace ist voller Magie, voller unerklärlicher Phänomene.
Grace, tief in ihrer Trauer über den Verlust ihres verstorbenen Mannes steckend, hat auch den frühen Tod ihres Sohnes vor vielen Jahren bis heute nicht verwunden. Sie verkriecht sich in ihrem Haus, versinkt in ihrer Einsamkeit und Trauer. Da erbt sie überraschend ein Haus auf Ibiza, von einer ehemaligen kurzzeitigen Kollegin, mit der sie seit Jahrzehnten keinen Kontakt hatte.
Allein das ist schon erstaunlich, noch viel mehr ist sie selbst davon überrascht, dass sie tatsächlich beschließt, auf die Insel zu fliegen. Zuerst natürlich nur, um das Haus in Besitz zu nehmen und für einen eiligen Verkauf vorzubereiten. Doch auf Ibiza und in dem Haus erwarten sie noch viel mehr Überraschungen, Dinge, die sie nicht versteht, die sie zuerst erschrecken, dann wütend machen und schließlich in ihren Bann ziehen.
Eine große Rolle spielt dabei die Verstorbene selbst, die Grace nicht nur das Haus, sondern auch einen Brief hinterließ. Darin die Anweisung, mit wem sie in Kontakt treten, worauf sie sich einlassen soll. Grace, die bislang wenig Kontakt zu anderen Menschen hatte, öffnet sich immer mehr diesen wundersamen Dingen, die um sie herum und mit ihr geschehen. Dabei steht insbesondere ein Mann im Mittelpunkt, der sie an die magischen und mystischen Ereignisse heranführt. So wird aus der einsamen Grace eine sich auf der Insel immer mehr zuhause fühlende Frau.
Was ihr so alles geschieht, ist mir manchmal ein wenig zu absonderlich. Dank der Macht einer (außerirdischen?) Spezies kann Grace plötzlich die Gedanken von anderen Menschen und sogar von Tieren lesen, nur mit der Kraft ihres Willens Türen öffnen, beim Roulette gewinnen und vieles mehr. Ab diesem Zeitpunkt wurde es mir zu kurios, zu absurd.
Dabei hat dieser Roman sowohl gute wie auch weniger gute Seiten. Wie Matt Haig die Gefühle der Protagonistin, ihre Einsamkeit, ihre Trauer schildert, das geht zu Herzen, das ist eindrücklich und eindringlich. Auch ihre Veränderung, ihre Entwicklung kann er nachvollziehbar beschreiben. Der Autor findet für solche Empfindungen immer die richtigen Bilder, die passenden Worte, wenn auch manches etwas zu überbetont wird. So nervt irgendwann die ständig sich wiederholende Bemerkung von Grace über ihr Alter, immer wieder erwähnt sie das.
Diesmal jedoch war mir der Plot, die merkwürdige Handlung zu verschroben, um mich zu überzeugen, um mich in die Geschichte hinein zu ziehen.
Erzählt wird der Roman in Form eines Briefs, den Grace an einen ehemaligen Schüler schreibt, dem sie all diese Ereignisse detailliert und akribisch schildert. Daran erinnert wird man immer wieder durch eingeschobene Zwischenkapitel, in welchen die Ich-Erzählerin Grace diesen Ex-Schüler direkt anspricht und sich auch auf seine eigenen Probleme bezieht, dabei sehr – um nicht zu sagen zu – philosophisch wird. Ein interessanter Kunstgriff des Autors, dessen Sinn allerdings ein wenig im Dunkeln bleibt.
Insgesamt ein mir etwas zu fantastischer, zu absurder Roman, der stilistisch überzeugt, inhaltlich hingegen weniger.
Matt Haig – Die Unmöglichkeit des Lebens
aus dem Englischen von Sabine Hübner, Bernhard Kleinschmidt und Thomas Mohr
Droemer, August 2024
Gebundene Ausgabe, 412 Seiten, 24,00 €
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