Zum Beethovenjahr der Beethovenkrimi. Und ein hervorragender noch dazu.
Oliver Buslau ist mir bislang bekannt als Autor von Heimatkrimis; so habe ich von ihm gelesen „Der Bulle von Berg“, ein eher durchschnittlicher Kriminalroman. Außerdem habe ich ihn erlebt als Mitglied einer Band, die aus mehreren Krimiautoren besteht und die gemeinsam ihre Musik und ihre Texte vortragen – sehr unterhaltsam und sehr professionell. Oliver Buslau ist aber nicht nur Krimiautor und Bandmitglied, er hat auch Musikwissenschaft studiert und ein Sachbuch mit dem Titel „111 Werke der klassischen Musik, die man kennen muss“ herausgebracht. Die besten Voraussetzungen also für das Verfassen einen historischen Musikkrimis.
Der eine Protagonist des Romans, Sebastian Reiser, verliert durch einen Unfall Vater, Arbeitgeber und Stellung. Er geht nach Wien, wo er noch ein paar Verbindungen aus der Zeit seines Jurastudiums hat. Er sucht eine neue Anstellung, auch weil er die Hoffnung, seine geliebte Theresia, Tochter seines verstorbenen Arbeitgebers, wiederzusehen, nicht aufgeben will.
Wir befinden uns im Wien des Jahres 1824, dem Jahr, in dem Beethoven seine berühmteste, die 9. Symphonie, uraufführte. Reiser erfuhr von Verbindungen seines Vaters zu Beethoven und in ihm reift der Verdacht, dieser habe irgendetwas mit der Ursache von Beethovens Taubheit zu tun. Reiser ist selbst sehr musikalisch und spielt diverse Instrumente, darunter auch die Bratsche. So soll er, auf Drängen seines alten Lehrers, bei der Aufführung der neuen Symphonie dabei sein. Darüber hinaus wird Reiser in die Machenschaften und Geheimnisse der Burschenschaften hineingezogen.
Hier tritt der zweite Protagonist auf. Kreutz, ein Student aus Erfurt, schleicht sich unter falschem Namen in die Geheimbünde ein und versucht, ihre Pläne herauszufinden. Schließlich kreuzen sich die Wege der beiden Protagonisten.
Der Roman von Oliver Buslau ist viel mehr als nur ein Krimi. Er vermittelt ein Bild der damaligen Zeit, der Umstände und der Standesregeln. Er zeigt uns das Wien vom Anfang des 19. Jahrhunderts mit allen Facetten, die dünkelhafte Gesellschaft, die Marotten des Adels, aber auch die schrecklichen Vorgänge in einem Irrenhaus, die Armut und den Luxus. Er beleuchtet die Verschwörungen der Studentenbünde in den Jahrzehnten nach dem Wiener Kongress. Das, was mich im Heimatkrimi gestört hat, wird hier zu einem wichtigen und richtigen Stilmittel: die präzise Beschreibung der Stadt, die authentische Darstellung der Figuren und ihres Umfeldes. Ein großes Lob für die umfangreiche Recherche, die hinter dieser Authentizität stehen muss.
Allerdings, und das ist ein Manko, das erwähnt werden sollte, frisst diese Detailverliebtheit die Spannung. Die Handlung baut sich sehr langsam auf, das Personaltableau ist recht groß und man gewinnt erst nach und nach den Zugang zu den einzelnen Figuren. Die nicht alle sympathisch sind oder Mitgefühl wecken, aber deren Hintergrund und Gedankengänge gut ausgearbeitet und nachvollziehbar dargestellt werden.
„Feuer im Elysium“ ist kein leicht zu lesender, seichter Krimi. Er ist ein anspruchsvoller historischer Roman mit vielen geschichtlichen Details und musikhistorischen Informationen. Im Nachwort erläutert der Autor, wo er Fakten übernommen hat und wo er sich die dichterische Freiheit genommen und Figuren oder Handlung erfunden hat.
Oliver Buslau: Feuer im Elysium
emons, Januar 2020
Gebundene Ausgabe, 495 Seiten, 22,00 €