Wie in den beiden anderen Romanen des Autors, „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ oder „Der Susan-Effekt“, so steht auch in dem neuen Buch eine Wissenschaftlerin im Mittelpunkt des Geschehens. Lisa, so ihr Name, hat eine Methode entwickelt, das Bewusstsein sichtbar zu machen durch Licht. Dabei werden die Dinge, die sich im Unterbewussten festgesetzt haben und psychische oder physische Probleme verursachen, besonders hell und dadurch erkennbar. Und behandelbar. Lisa arbeitet in einem wissenschaftlichen Zentrum, in einem außerhalb der Stadt gelegenen Schloss, welches rund um die Uhr vom Geheimdienst bewacht wird.
Einer ihrer Patienten wird Simon. Simon hat versucht, sich umzubringen und sein Adoptivbruder Peter möchte den Grund dafür herausfinden und natürlich alles tun, damit Simon es nicht noch einmal versucht.
Peter, Lisa und Simon kennen sich seit ihrer frühen Kindheit, als sie zusammen den Kindergarten besuchten, hatten aber seither keinen Kontakt. Lisa hat nach einem Unfall alle Erinnerungen an ihre Kinderzeit und frühe Jugend verloren, erst nach und nach, indem Peter seine Erinnerungen mit ihr teilt, fällt ihr vieles wieder ein.
In diesen Roman hineinzufinden ist nicht leicht. Mir ist es nicht wirklich gelungen. Der Stil ist sehr spröde, von großer Distanz und wie aus der wissenschaftlichen Perspektive geschrieben. So hat außer den drei Protagonisten und den damaligen Kindergärtnerinnen kaum eine Figur einen Namen. Selbst Peters Kinder werden stets nur als „die Ältere“ und „die Jüngere“ bezeichnet. Das macht es schwer, sich in die Personen hineinzufühlen, es kann kaum Empathie entstehen. Auch sind viele Szenen zu detailreich geschildert, wiederholen sich viele Beschreibungen, wie beispielsweise der Prozess der Sichtbarmachung des Bewusstseins. Dadurch und auch durch die oft langatmigen, sehr wissenschaftlichen Erklärungen wird die Geduld der Leserin auf eine harte Probe gestellt.
Auch bei „Der Susan-Effekt“ hat es gedauert, den Einstieg in die Handlung zu finden, dann aber hatte mich der Roman gepackt, denn er war sehr spannend. Hier in „Durch deine Augen“ fehlt mir jedoch die Spannung, hier werde ich nicht in die Handlung hineingezogen.
Der Roman findet unter Technikaffinen und an Forschung oder Psychologie Interessierten sicher seine Fans, mich hat er bedauerlicherweise nicht so recht erreicht.
Peter Høeg – Durch deine Augen
rororo, Dezember 2020
Taschenbuch, 335 Seiten, 12,00 €