So recht weiß ich nicht, wie ich dieses Buch rezensieren soll. Denn zum einen ist es, entgegen der Aussage der Autorin in ihrem Vorwort, doch nur ein aufgehübschter Abklatsch ihres vor etlichen Jahren erschienenen Buchs „Wort für Wort“. Und zum zweiten bestehen sicher mehr als die Hälfte der 400 Seiten des Buchs aus Zitaten aus einem ihrer Romane, seitenlangen Zitaten, wo kurze Absätze gereicht hätten, um das, worum es geht, zu belegen.
Das tut andererseits dem Nutzen und der Qualität der Tipps und Anregungen dieser so erfahrenen Autorin keinerlei Abbruch. Wer kennt nicht ihre Inspektor-Linley-Romane, allesamt dicke Wälzer mit gut ausgearbeitetem Personal, detailreichen Beschreibungen und kompliziert ausgedachten Mordfällen.
In diesem Ratgeber, der den Untertitel trägt „Wie aus einer guten Idee ein perfekter Roman wird“, schildert sie anhand ihrer Arbeit an einem ihrer Roman, wie sie, beginnend eben mit der vagen Idee eines Kriminalfalles, vorgeht. Sie beschreibt ihre akribischen Recherchen, zeigt dazu Fotos der Schauplätze, die sie im Roman verarbeitet, erzählt von Gesprächen und Inspirationen aus Treffen mit Menschen in der Region, in der sie ihre Geschichte ansiedelt.
Vor allem auf Beschreibungen legt Elizabeth George großen Wert. So großen, dass es mir bei der Lektüre ihrer Krimis regelmäßig zu viel wurde. So beschreibt sie gerne mal ein einziges Zimmer über mehrere Seiten, so detailliert, dass der Fantasie der Leserin im Grunde keinerlei Spielraum bleibt. Mir sagt das so wenig zu, dass ich schließlich keine Romane mehr von ihr las.
Dennoch finde ich ihre Tipps und Hinweise nicht weniger nützlich. So beispielsweise die „Geschwätzvermeidungsstrategie“, die ich bereits in ihrem früheren Ratgeber „Wort für Wort“ entdeckt hatte und die sich mir für immer einprägte. Diese besagt, dass Menschen, die sich unterhalten, sich nicht im luftleeren Raum befinden, sondern auch während des Sprechens agieren. Sie rauchen, sie rühren in ihrer Kaffeetasse, fegen den Boden, kochen eine Mahlzeit und so weiter. Dies muss erwähnt werden, will man einem Dialog Leben einhauchen und ihn nicht wirken lassen wie das Gespräch zwischen zwei Marionetten.
Weiterhin finden wir in „Meisterklasse“ Anregungen zur Schaffung interessanter und vielschichtiger Figuren, die Wahl der Perspektiven und die Entscheidung für die richtige Erzählstimme. Und dann – auch das wiederholt sich aus „Wort für Wort“ – zeigt sie an ihrem Beispiel, wie man Szenen aufbaut, anordnet und geschickt miteinander verbindet.
Am Ende aber zieht auch Elizabeth George das Fazit, dass vieles Routine wird, vieles im Wortsinne Handwerk ist, welches gelernt und geübt werden kann und muss.
Im Großen und Ganzen also ein Buch, das hilfreich ist – sofern man das frühere nicht schon kennt – , das für meinen Geschmack aber zu sehr Werbung in eigener Sache für die Autorin und ihre Romane ist.
Elizabeth George – Meisterklasse
aus dem Englischen von Charlotte Breuer und Norbert Möllemann
Goldmann, März 2022
Gebundene Ausgabe, 414 Seiten, 20,00 €