Anklagender Bericht über die Situation in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln
Dieses Buch vermittelt den Eindruck, als wisse es nicht so genau, was es will. Dabei ist der Bericht der Journalistin Franziska Grillmeier über die Zustände in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln wichtig. Sie erzählt von ihren eigenen Erlebnissen dort, als Beobachterin, als Freundin und als Journalistin.
Doch scheint mir die Erzählweise ein wenig erratisch, ist das Buch doch eine Mixtur aus Reisebericht, Schilderung einzelner Schicksale und Anklage der desolaten und verfehlten Migrationspolitik der EU.
Die Autorin hat geraume Zeit auf der Insel Lesvos gelebt, Kontakt aufgenommen zu den Geflüchteten in den Lagern, sie begleitet, ihre Schicksale aufgezeichnet. So hat sie mitbekommen, wie die engagierten Mitarbeiter verschiedener NGOs kriminalisiert, verhaftet und angeklagt wurden. Sie hat miterlebt, wie dramatisch schlecht die Gesundheitsversorgung in den Lagern ist, dass die Geflüchteten wenig bis gar keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Sie hat beobachtet, wie mühsam es für die in den Lagern Lebenden ist, ihre Asylanträge zu stellen, wie langwierig und wie frustrierend.
Dazwischen erzählt sie immer wieder aus ihrem eigenen Leben, dabei so nebensächliche Dinge wie Abende in Kneipen, was sie dort aß oder trank. Das macht die Lektüre etwas mühsam, wird man dadurch doch aus dem Mitfühlen für die von Flucht und Lagerleben Betroffenen herausgerissen.
Ebenso eingefügt, und das natürlich völlig zu Recht und mit vollem Nachdruck, prangert sie die Zustände an, erläutert sie die Zusammenhänge und macht auf die misslungenen europäischen Versuche aufmerksam, die Krise an den Außengrenzen der EU zu lösen.
Insgesamt ein wichtiges Buch, das den Leser:innen die Problematik deutlich und unmissverständlich vor Augen führt. Dennoch hat mir der Stil und die Methode der Autorin nicht gänzlich zugesagt.
Franziska Grillmeier – Die Insel
C.H. Beck, März 2023
Gebundene Ausgabe, 220 Seiten, 24,00 €