Wie Leben auf einer völlig neuen Insel entstehen kann – spannender Anschauungsunterricht
„Der Biologe Joe Roman erzählt vergnüglich und hoffnungsfroh davon, wie unser Planet durch das Fressen, Kacken und Sterben von Tieren geformt wird.“ – So steht es im Klappentext.
November 1963: Bei einem Vulkanausbruch vor der Südostküste Islands werden aus 120 Meter Tiefe große Mengen vulkanischen Auswurfs, Asche, Schlacke und Gesteinsfragmente in bis zu 3 Kilometer Höhe ausgeworfen. In den folgenden Tagen erhebt sich über der Ausbruchstelle zehn Meter über der Oberfläche des Nordatlantiks eine Insel, die in den folgenden Tagen etwa 60 Meter pro Tag an Höhe zulegt. Eine Insel war geboren, auf der noch kein Leben existieren konnte: Die Isländer gaben ihr den Namen Surtsey.
Für Biologen war dies eine einmalige Gelegenheit, zu untersuchen, ob und wie sich Leben auf einer Insel, die keine Landverbindung hat, entwickeln kann. Nach einigen Jahrzehnten bildete sich tatsächlich allmählich Vegetation aus. Wie konnte das geschehen? Menschen war das Betreten der Insel verboten, aber Vögel konnten Samen mitgeführt und auf der Insel ausgebracht haben.
Aber woher sollten die benötigten Nährstoffe für die Vegetation kommen? Phosphor konnte man in der Lava finden, aber Stickstoff war kaum vorhanden – das war schmale Küche für junge Pflänzchen.
Nun kommt das „Poop“ aus dem Titel ins Spiel: Die Exkremente der Vögel, insbesondere die Harnsäure, lieferten den benötigten Stickstoff in großen Mengen und so konnten sich widerstandsfähige Pflanzen entwickeln. Dann kamen Insekten, die, wie alles Leben, den Zyklus „Eat-Poop-Die“ durchliefen und so ständig weitere Nährstoffe heranführten. So hat sich, scheinbar aus dem Nichts, Leben auf der neuen Insel Surtsey entwickelt.
In zehn Kapiteln berichtet der Autor über die enge Verzahnung von Tier- und Pflanzenwelt und deren Abhängigkeiten voneinander. Bindeglied sind Kot und Kadaver beziehungsweise die darin enthaltenen Nährstoffe, hauptsächlich Stickstoff.
Wissenschaftlich fundiert, aber dennoch allgemeinverständlich erklärt und unterhaltsam geschrieben, berichtet Joe Roman aus Forschungsprojekten im Bereich der Zoo-Geochemie und vermittelt die Zusammenhänge im Ökosystem unseres Planeten. Nicht belehrend, sondern auf unterhaltsame Art und Weise erfährt der Leser anhand der Forschungsergebnisse, wie leicht dieses fragile System aus dem Gleichgewicht gebracht werden kann und wie selbst kleine Veränderungen weitreichende Folgen nach sich ziehen. Das Fazit: Die Artenvielfalt zu erhalten ist kein Selbstzweck, sondern die Voraussetzung dafür, dass unser Planet lebenswert bleibt.
Das ist Infotainment vom Feinsten mit nachhaltigem Lerneffekt! Ein empfehlenswertes Sachbuch.
Joe Roman – Eat, poop, die
aus dem Englischen von Nikolaus de Palézieux
hanserblau, Oktober 2024
Klappenbroschur, 304 Seiten, 18,00 €