Als ich dieses Buch aussuchte, um es zu lesen, rechnete ich mit den allbekannten Frauenleben, die hier geschildert werden sollten. Doch tatsächlich stellt die finnische Autorin, eine preisgekrönte Journalistin, hier ganz viele mir bislang völlig unbekannte Frauen vor, aus allen Jahrhunderten, vielen verschiedenen Ländern und vor allem mit absolut unterschiedlichen Schicksalen.
Der Untertitel des Buchs sagt auch bereits viel darüber aus, nach welchen Kriterien die Verfasserinnen die Frauen auswählte, über die sie hier schreibt. Der Untertitel lautet: Außergewöhnliche Frauen, die Regeln brachen. Im Vorwort erläutert Maria Petterson auch, warum sie genau über diese Frauen berichten wollte: Weil es sich um Frauen handelt, die davon abgehalten wurden, ihre Begabung zu nutzen. Um Frauen, deren Geschichten niemals erzählt wurden, deren Erfolge Männern zugeschrieben wurden. Frauen, die für sich, für ihre Kinder, ihr Volk oder für andere Frauen gekämpft haben.
In sieben Rubriken teilt sie diese Frauen ein. Eine befasst sich mit Wissenschaftlerinnen und Gelehrten. Da finden wir die Geschichte von Lise Meitner neben der von Sabina Spielrein, einer russischen Psychoanalytikerin, die in ihrem Land große Karriere machte, dann aber erst von Stalin und dann von den Nazis verfolgt wurde.
Im Kapitel „Anführerinnen und Herrscherinnen“ begegnen wir unter anderem Dora Salter, der ersten Bürgermeisterin der Vereinigten Staaten, die diese Funktion einer Wette verdankte. Wir lernen die Schwestern Militza und Anastasia von Montenegro kennen, die großen Einfluss auf den russischen Zaren hatten.
Es gibt die Kapitel „Künstlerinnen und Athletinnen“, in welchem wir Nannerl Mozart begegnen, „Aktivistinnen und Dissidentinnen“, worin das Leben der Helen Keller beschrieben wird, die als Blinde und Taubstumme Schulen gründete und für Anerkennung kämpfte, oder das Schicksal von Edith Margret Garrud, der Jiu-Jitsu-Lehrerin der Suffragetten.
Schließlich erzählt uns die Autorin noch von „Ermittlerinnen und Kriminellen“, von „Soldatinnen und Spionnen“ sowie von „Abenteurerinnen und Entdeckerinnen. Dabei erfahren wir interessante Details über das Leben von Tomoe Gozen, einer Samurai-Kriegerin im 12. Jahrhundert, ebenso wie über die afrikanische Anführerin Seh-Dong-Hong-Beh.
Gerade diese Vielzahl, diese große Abwechslung in historischer wie biographischer Hinsicht macht dieses Buch spannend, hochinteressant und sehr informativ. Einziges Manko ist, dass die Biografien sehr komprimiert sind, eher nur ein Anreiz, mehr über die jeweilige Frau zu erfahren. Aber es zeigt wieder einmal, dass sich keine Frau hinter irgendeinem Mann verstecken muss.
Maria Petterson – Anführerinnen, Agentinnen, Aktivistinnen
aus dem Finnischen von Maximilian Murmann
mit Illustrationen von Ti Fong
Knaur, März 2023
Gebundene Ausgabe, 272 Seiten, 20,00 €