Drastische Schilderungen, die erschüttern
Beim Lesen dieses Buches friert man, so gruselig, so beängstigend ist das, was die finnische Autorin hier schildert. Wenn auch der Titel des Buchs ein wenig in die Irre führt, geht es doch nicht nur um das, was Frauen geschieht, so ist es trotzdem ein wichtiges Buch.
Sofi Oksanen, in Finnland aufgewachsene Tochter einer Estin und eines Finnen, hat tiefen Einblick in die tragischen und erschreckenden Vorgänge in Russland und der früheren Sowjetunion. Was sie beschreibt, jagt einem beim Lesen Schauer über den Rücken und lässt umso mehr darauf hoffen, dass es der Ukraine gelingt, den Aggressor zu besiegen.
Die Schilderungen der Gräueltaten russischer Soldaten an ukrainischen Frauen und Männern, die diese bei voller Kenntnis und Zustimmung sowohl ihrer Vorgesetzen wie auch ihrer Ehefrauen und Mütter begehen, sind kaum zu ertragen. Man spürt die Wut und die Verzweiflung der Autorin in jedem ihrer Worte. An mancher Stelle ist es dann fast etwas zu subjektiv, wünschte man sich etwas mehr Distanziertheit.
Es scheint unfassbar, dass diese russischen Soldaten in der Tat von den eigenen Frauen motiviert werden, die Ukrainerinnen zu vergewaltigen, ihnen ihre Würde zu nehmen, sie zu bestehlen und zu töten. Sofi Oksanen gelingt es, begreiflich zu machen, wie dieses für uns unverständliche Handeln begründet ist, was die russische Propaganda, die Erziehung und vor allem die Geschichte damit zu hat.
Doch auch wenn man erkennt, was diese Menschen zu ihrem Handeln führt, macht es diese unbegreiflichen Taten nicht begreifbarer. Dass Russen auch ihre eigenen Frauen nicht mit Samthandschuhen anfassen, dass sich ihre Männlichkeit darin manifestiert, dass sie Frauen schlagen und misshandeln, das kann man einfach nicht verstehen.
Sofi Oksanen beschreibt all das anschaulich, ohne irgendetwas zu beschönigen. Sie führt viele Beispiele an, sie verweist auf die geschichtlichen Zusammenhänge, beispielsweise bezüglich der Situation der Krim. Man bekommt beim Lesen den Eindruck, sie drückt sich an mancher Stelle besonders drastisch aus, weil sie will, dass man sie versteht. Als hätte sie Sorge, dass gerade wir hier im Westen alles immer noch durch eine zu rosa gefärbte Brille sehen. Als wolle sie uns nun endlich die Augen öffnen.
Hoffen wir, dass es ihr und anderen endlich gelingt.
Ein Buch, das nicht einfach ist, aber gelesen werden sollte.
Sofi Oksanen – Putins Krieg gegen die Frauen
aus dem Finnischen von Angela Plöger und Maximilian Murmann
Kiepenheuer & Witsch, Februar 2024
Gebundene Ausgabe, 326 Seiten, 24,00 €