Ein Garten als Allheilmittel – etwas simpel gestrickter, aber netter Roman
Auch wenn der Roman arg klischeelastig ist und die Figuren vor allem altbekannte Archetypen, so kann er doch fesseln, denn er entwickelt auf gewisse Art ein rechte Spannung. Allerdings hält sie sich dennoch in Grenzen, ahnt man doch den Ausgang eigentlich von Anfang an und dieser kann nur ein rundes Happy End sein.
Es ist bereits der dritte Roman von Sharon Gosling, den ich gelesen habe. Der erste „Fishergirl’s Luck“ konnte mich nicht überzeugen, der zweite dagegen „The Lighthouse Bookshop“ war ein schönes Leseerlebnis, er hatte mich sehr berührt. Nun also ein weiteres Buch aus der Feder der britischen Journalistin und Autorin.
Diesmal steht Luisa im Mittelpunkt. Sie ist seit mehr als 10 Jahren verwitwet, ihr Mann starb bei einem Unfall. Mit ihm zusammen hatte sie Gartenarchitektur studiert, sie hatten viele Pläne, unter anderem für Gemeinschaftsgärten, vor allem in Problemvierteln von Städten. Doch seit seinem Tod arbeitet Luisa nicht mehr selbständig, sondern als schikanierte Assistentin einer boshaften Chefin.
Da kommt das Angebot eines Onkels, ein verwahrlostes Grundstück in einen solchen Gemeinschaftsgarten zu verwandeln. Nach anfänglichem Zögern macht sich Luisa an die neue Aufgabe, zu Beginn unter wenig Begeisterung der Nachbarn und der Bevölkerung der Stadt. Einzig Cas, Boxlehrer aus dem gegenüberliegenden Jugendzentrum, ist bereit, sie zu unterstützen. Er kann auch Harper, eine 17-Jährige aus schwierigen familiären Verhältnissen, davon überzeugen, im Garten mitzuhelfen.
Spätestens hier (aber im Grunde schon beim Lesen des Klappentextes) ahnt man, worauf das hinausläuft. Selbstverständlich also, dass sich Cas und Luisa zueinander hingezogen fühlen. Sie allerdings hat Angst vor neuen Beziehungen, möchte nicht noch einmal einen Verlust erleben, trauert sie doch immer noch um ihren Mann.
Harper gerät, um ihrem kleinen Bruder zu helfen, in Schwierigkeiten, doch wie in solchen Romanen üblich, findet sich am Ende selbstverständlich alles zum Guten. Dennoch ist hier der Part, der die oben erwähnte gewisse Spannung entwickelt, und hier gelingt der Autorin auch manch überraschender Twist, der bei der mühsam problembeladenen Liebesgeschichte völlig fehlt.
Im Kern geht es aber im Roman um Freundschaft, Zuversicht und Gemeinschaft. Die anfangs so skeptischen Bewohner kommen nach und nach zusammen und gemeinsam erschaffen sie sich ihre eigene Idylle. Diesen Teil transportiert der Roman durchaus anschaulich und, wenn auch leicht kitschig, doch ausreichend glaubhaft.
Das Ganze ist flüssig erzählt, in emotionaler Sprache berührt die Autorin, weckt die gewünschten Gefühle in ihren Leserinnen. An mancher Stelle ist mir das etwas zu bemüht, zu viel Herzschmerz, vor allem in Luisa. Die Figur der Harper ist in sich stimmig, altersgerecht, dynamisch und realistisch. Cas ist mir ein wenig zu sehr Gutmensch, natürlich unheimlich gut aussehend und immer eine Lösung für jedes Problem kennend. Am wenigsten überzeugend fand ich die Protagonistin Luisa, die mir zu verhuscht, zu verklemmt und vertrauert dargestellt wird. Dagegen dann ihre Tatkraft beim Gestalten des fußballfeldgroßen Gartens, den sie weitgehend allein umpflügt, in dem sie fast alleine ein Gewächshaus aufbaut und ähnliches. Da passte nicht alles wirklich zusammen.
Dennoch war der Roman an sich gute, solide Unterhaltung, mit den nötigen Quäntchen Herzschmerz, mit einer Prise Humor, einer ausreichenden Dosis Spannung und der typisch englischen Erzählweise. Daher für Liebhaberinnen solcher Geschichten ganz sicher zu empfehlen.
Sharon Gosling – Forgotten Garden
aus dem Englischen von Sibylle Schmidt
DuMont, Juni 2024
Taschenbuch, 413 Seiten, 13,00 €
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