Virginie Grimaldi – Unser Tag ist heute

⭐⭐⭐⭐

Ungewöhnliche Wohngemeinschaft mit Selbstheilungskräften – warmherzige Geschichte aus Frankreich

Sie sind alle drei sehr sympathische und authentische Figuren, die die Autorin hier zu einer WG zusammenfinden lässt. Eine nicht neue Idee und auch die Handlung ist nicht voller Überraschungen, aber berührend und herzerwärmend. Der deutsche Titel allerdings lässt sehr zu wünschen übrig.

Die 70 hat sie schon eine Weile hinter sich, als Jeanne Witwe wird. Sie hat ihren Mann sehr geliebt und wird von der Trauer schier überwältigt. Doch finanzielle Erwägungen veranlassen sie, Untermieter für ihre große Wohnung zu suchen. Es melden sich direkt zwei Interessenten für das eine Zimmer, das sie anbietet.

Iris ist Mitte Dreißig, verdient ihren Lebensunterhalt als Betreuung alter oder kranker Menschen, obwohl sie einen ganz anderen Beruf gelernt hat. Sie ist auf der Flucht, vor ihrem Ex, vor sich selbst, vor der Einsamkeit.

Théo ist gerade 18, macht eine Lehre in einer Bäckerei unter der Fuchtel der sehr gestrengen Inhaberin. Er ist total pleite, schläft in der U-Bahn. Sein Leben fand bisher in Heimen statt, seine alkoholkranke Mutter konnte ihn nie wirklich versorgen. Doch seit er volljährig ist, muss er sich allein durchschlagen.

Jeanne vermietet schließlich zwei Zimmer und die beiden ihr völlig fremden Menschen können nun bei ihr einziehen. Nach und nach kommen die drei sich natürlich näher, erfahren mehr übereinander und die Sorgen und Nöte der jeweils anderen. Das ist nett erzählt, vor allem die Geschichte um Iris ist spannend, denn lange bleibt im Verborgenen, warum sie sich vor ihrem Ex-Freund, mit dem die Hochzeit sogar schon geplant war, versteckt.

Es ist aber vor allem Théo, dessen Figur der Autorin wirklich gut gelungen ist. Seine Stimmung schildert sie nachvollziehbar und voller Verständnis. Wie er unter seiner Mutter litt und wie sehr er sie dennoch liebt, das ist sehr gefühlvoll beschrieben.

Anderes ist dagegen leider etwas dick aufgetragen, die Trauer Jeannes um ihren Mann nimmt großen Raum ein und dadurch etwas absurde Züge an. Die Entwicklung der Figuren ist einigermaßen vorhersehbar, so dass der Plot keine wirklichen Überraschungen bietet. Gefällig ist der Roman dennoch, denn auch der Humor, gerade wenn aus der Perspektive Théos erzählt wird, kommt nicht zu kurz.

Insgesamt ein anrührender Roman mit etwas viel Herzschmerz, etwas tränenreich, aber dennoch unterhaltsam und nett.

Virginie Grimaldi – Unser Tag ist heute
aus dem Französischen von Maria Hoffmann-Dartevelle
Penguin, März 2024
Klappenbroschur, 332 Seiten, 17,00 €

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